PeterAusH":1ul4vfpl schrieb:
So, ich habs versucht, Tonabnehmer ausgebaut und mechanisch gedreht - Ergebnis leider negativ. In der Mittelstellung klingt die Gitarre immer noch sehr dünn und nasal.
Aha, damit ist schon einmal klar, daß mit einer mechanischen Drehung des Tonabnehmers keine Phasendrehung des Signals einhergeht. Auch gut zu wissen! ;-)
PeterAusH":1ul4vfpl schrieb:
Hat noch jemand einen Tipp für mich?
Na klar, lies das:
Um der Lösung des Problems näher zu kommen, betrachten wir zunächst die grundsätzliche elektrische Situation bei der Zusammenschaltung zweier Tonabnehmer. Hierzu nehmen wir eine vereinfachte Schaltung ohne jegliche Potentiometer, wie sie im nächsten Bild dargestellt ist.
Wir nehmen jetzt an, daß sich die Saite gerade vom Tonabnehmer weg (also nach oben) bewegt. Durch den Dauermagneten hat die Saite über dem Tonabnehmer zwei magnetisch unterschiedlich polarisierte Teile bekommen. Durch die Bewegung entsteht in beiden Spulen jetzt Induktionsspannungen, die aufgrund der unterschiedlichen Saitenmagnetisierung auch eine inverse Polarität haben. Da die beiden Spulen jedoch gegenphasig in Reihe geschaltet wurden (damit der Humbucker-Effekt auch auftritt), hebt sich diese Gegenphasigkeit jedoch wieder auf und es kommt zu einer Addition der beiden Signalanteile. Damit wird dieser Humbucker quasi doppelt so laut, wie eine einzelne Spule.
Wir nehmen jetzt weiter an, daß für den zweiten Tonabnehmer die gleichen Verhältnisse gelten und daß zum betrachteten Zeitpunkt das Signal an den heißen Anschlüssen (+) gerade positiv ist. Dann werden in der Zusammenschaltung nach dem Schalter also zwei positive Signale kombiniert. Da es sich dabei um eine Parallelschaltung zweier Quellen handelt, addieren sich die Ströme. Die Spannung bleibt jedoch gleich. Diese Zusammenschaltung ist dann "In Phase".
Möchte man jetzt eine gegenphasige Zusammenschaltung erreichen, dann wird in der Regel einer der beiden Tonabnehmer umgepolt. Das heißt, man vertauscht einfach den heißen und den kalten Anschluß. Aber genau das ist bei einem Humbucker mit einem unsymetrischen Einaderanschluß eine schlechte Idee, denn dann werden alle abschirmenden Komponenten des betreffenden Tonabnehmers (Grundplatte, Kappe, Abschirmung des Anschlußkabels) mit dem heißen Eingang des Verstärkers verbunden. Da diese Teile konstruktionsbedingt als Antenne wirken, gibt es keine bessere Möglichkeit, um Störungen in das System zu bringen! Wirkliche Abhilfe schafft dann nur ein Tonabnehmer mit einem symmetrischen Zweiaderanschluß. Wie so etwas aussieht, kann man im Artikel "
Schaltplansymbole für Tonabnehmer" nachlesen.
Kommen wir nun zu dem eigentlichen Problem. Beide Tonabnehmer wurden korrekt an den Schalter angeschlossen. Das heißt, das Abschirmgeflecht (Signalmasse) der beiden Tonabnehmer wurden miteinander verbunden und die beiden heißen Anschlüsse wurden am Schalter kontaktiert. Trotzdem "klingt" es "Out of Phase". Das Signal ist wesentlich leiser und es fehlen vor allem die tiefen Frequenzen. Wie kann das angehen?
Hier gibt es jetzt zwei mögliche Erklärungen:
- Innerhalb eines Tonabnehmers wurde der Ausgang der "falschen" Spule mit der Abschirmung verbunden oder
- ein Tonabnehmer hat die "falsche" magnetische Polarität.
Beides führt zu dem Effekt, daß die Signale der beiden Tonabnehmer zueinander gegenphasig sind.
Die erste Möglichkeit ist offensichtlich, also sehen wir uns einmal die Sache mit der magnetischen Polarität an. Hier das Bild dazu:
Man erkennt, daß im unteren Tonabnehmer der Magnet umgedreht wurde, was eine umgekehrte magnetische Polarität der beiden Pole zur Folge hat. Dadurch verändert sich natürlich auch die Magnetisierung der Saite. Bewegt sich jetzt die Saite wieder nach oben, dann entsteht in jeder Spule wieder eine Induktionsspannung, die jedoch ebenfall eine umgekehrte Polarität aufweist. Damit ist das Signal des unteren Tonabnehmers insgesamt gegenphasig zum Signal des oberen Tonabnehmers. That's it!
Wie die Spulen in einem Humbucker mit dem Anschlußkabel und der Grundplatte verbunden werden oder wie der Magnet eingebaut wird, entscheidet jeder Hersteller für sich. Wenn man sich den Artikel
"Die Farbkodierung von Tonabnehmeranschlüssen" ansieht, ist festzustellen, daß es da so eine Art "Quasi-Standard" gibt, aber Ausnahmen bestätigen ja immer die Regel!
Natürlich wird ein Hersteller dafür sorgen, daß seine Produkte untereinander kompatibel sind, aber spätestens, wenn man Produkte verschiedener Hersteller miteinander kombinieren will, kann es zu Problemen kommen. Diesem kann man jedoch entgehen, wenn man nur Tonabnehmer mit Vieraderanschlüssen kauft. Dann kann man eine mögliche Gegenphasigkeit leicht durch eine geeignete Verschaltung in den Griff bekommen.
Die Lösung im vorliegenden Fall ist eigentlich ganz einfach, aber eigentlich auch nicht! Man muß lediglich in einem der beiden Tonabnehmer den Magneten umdrehen oder die Verschaltung der Spulen verändern. Das ist eigentlich ganz leicht, aber dazu muß der Tonabnehmer geöffnet und zerlegt werden, was nicht jedermanns Sache ist.
Zusätzliche Probleme können entstehen, wenn auch eine eventuell eingewachste Abschirmkappe vorhanden ist. Dann muß man zunächst vorsichtig das gesamte Wachs entfernen, bevor man an die Anschlüsse oder den Magneten herankommt. Nach geglückter Operation sollte dann natürlich wieder ein Bad im Wachs erfolgen, damit die Mikrofonie des Tonabnehmer wieder verringert wird. Wenn man das ganze jedoch in Ruhe und mit der erforderlichen Vorsicht angeht, wird am Ende der Erfolg stehen.
Ulf