Der folgende Beitrag ist ein Ausschnitt aus der neuen Version von Guitar-Letter I, der demnächst veröffentlicht wird:
Die Entstehung der Tonabnehmer für die Gitarre läßt sich bis in die frühen 20er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück verfolgen. "Den" Erfinder des Tonabnehmers gibt es allerdings nicht, denn es haben verschiedene Menschen an der Lösung des Lautstärkeproblems gearbeitet. Einer von ihnen war der am 9.1.1886 in Cropsey / Illinois geborene Lloyd Allayre Loar. Als virtuoser klassischer Mandolinen-Spieler kam er 1919 zu Gibson um dort in verschiedenen Positionen zu arbeiten. Er war hauptsächlich mit Verbesserungen der bestehenden Instrumentenkonzepte beschäftigt. Die 1922 von ihm entwickelte Mandoline "F-5" und die Gitarre "L-5", die erste Gitarre mit F-Löchern, wurden unter den Musikern schnell zu begehrten Instrumenten.
1923 entwickelte er die erste grobe Form einer Elektrogitarre. Dabei richtete er sein Augenmerk darauf, die mechanischen Schwingungen des Korpus in eine elektrische Spannung umzusetzen. Durch eine geeignete Mechanik übertrug er die Schwingungen der Brücke auf ein Kohlekörnermikrofon, wie es auch in den damaligen Telefonen verwendet wurde. Die gleiche Technik verwendete er auch für eine Viola und einen Baß.
Leider war dieser Tonabnehmer nicht besonders stark und darüber hinaus anfällig für Feuchtigkeit. Die Führung bei Gibson war von dieser neuen Technologie folglicherweise nicht besonders beeindruckt. Man darf bei der Bewertung dieses Verhaltens jedoch nicht vergessen, daß 1923 die wesentlich Voraussetzungen für den sinnvollen Einsatz einer elektrischen Gitarre noch nicht vorhanden waren.
Eine flächendeckende Versorgung mit elektrischem Strom war zu dieser Zeit keinesfalls eine Selbstverständlichkeit. Wenn es überhaupt ein sogenanntes "Lichtnetz" gab, dann wurde in aller Regel Gleichstrom verteilt, wobei die Höhe der Spannung von Stadt zu Stadt unterschiedlich sein konnte. Der Betrieb eines elektrischen Gerätes war also nicht ohne weiteres an jedem Lichtnetz möglich. War die Spannung zu gering, funktionierte es einfach nicht; war sie hingegen zu groß, lief man Gefahr das Gerät zu beschädigen. Elektrische Verstärker waren aus diesem Grund häufig batteriebetriebene Geräte, deren Leistung zunächst noch sehr gering war.
Die Lautsprecher stellten in dieser Zeit noch ein großes Problem dar. Die meisten Konstruktionen basierten auf den Schalltrichtern der damaligen Grammophone. Aufgrund der geringen Bandbreite waren sie jedoch nicht dazu geeignet, den vollen Klang einer Gitarre in der erforderlichen Weise zu übertragen.
Erst als zu Beginn der 30er Jahre die Stromversorgung einheitlich auf Wechselspannung umgestellt wurde, konnte man daran gehen, netzgespeiste Verstärker zu entwickeln, die überall einsetzbar waren. Die Entwicklung stärkerer Röhren ermöglichte es, Verstärker mit größerer Leistung zu bauen, die das Signal mit Hilfe von neuen magnetischen Lautsprechern in Schall umsetzten.
Wenn man sich diese Entwicklung ansieht, wird klar, daß Loar 1923 mit seinen Ideen der Zeit weit voraus war. Da man für seine Arbeiten auf diesem Gebiet kein Interesse zeigte, verließ er Gibson 1924 und gründete zusammen mit Lewis Williams, einem weiteren Mitarbeiter, die Firma "ViviTone". Hier setzte er seine Forschungen fort und ersetzte das Mikrofon durch eine Spule und einen Hufeisenmagneten. Die Brücke war nun nicht mehr auf der Decke des Instrumentes befestigt, sondern auf einer Metallplatte, die unter der Decke saß und auf einer Seite fest mit der sogenannten "Magneto-Acoustic-Unit" verbunden war. Die andere Seite konnte sich frei bewegen. Um die Eigenresonanz der Platte zu unterdrücken, bekam sie ein weiteres Auflager, mit dem sie jedoch nicht fest verbunden war.
Unterhalb der Platte waren zwei Eisenpole angeordnet, die das Feld eines Hufeisenmagneten zur Platte führten und diese magnetisierten. Wurde die Platte durch die Schwingungen der Brücke in Bewegung versetzt, so erzeugte das bewegte Feld in der über dem Magneten angeordneten Spule eine Induktionsspannung.
Die ganze Anordnung saß in einem eigenen Gehäuse, die unter der Decke des Instrumentes befestigt wurde. Für diese Prinzip erhielt Lloyd Loar am 12. November 1935 unter der Nummer 2,020,842 in den USA ein Patent.
Eine sehr interessante Variante dieses Konzeptes beschreibt Loar im US-Patent 2,020,557, welches am gleichen Tag erteilt wurde. Hier sitzt die Brücke in klassischer Weise auf der Decke, die so zum Schwingen angeregt werden kann. Mit Hilfe zweier Schrauben kann die Brücke mechanische mit der unter der Decke liegenden Metallplatte verbunden werden. Im Extremfall wird die Brücke sogar leicht angehoben und ist somit von der Decke getrennt. Auf diese Weise kann der Musiker entscheiden, ob das Instrument akustisch oder elektrisch betrieben werden soll.
Vergleicht man die beiden Konzept mit den späteren Jazz-Gitarren, so ist festzustellen, daß Loars Ansatz zu einem Instrument führt, welches nicht so stark für akustische Rückkopplungen anfällig ist, da der schwingfähige Korpus recht gut von den Saiten und dem Tonabnehmer entkoppelt wird.
Durch seine Arbeiten muß Lloyd Loar als einer der Väter, wenn nicht sogar als "der" Vater, des magnetischen Tonabnehmers für die Gitarre bezeichnet werden. Die wesentlichen Merkmale eines modernen Single-Coils waren bei seinen Konzepten bereits vor 1930 enthalten. Lediglich die Verfügbarkeit von kleinen und trotzdem leistungsfähigen Magneten zwang ihn dazu, große Hufeisenmagnete zu verwenden.
Da es ja ursprünglich darum ging, möglichst die originalen Korpusschwingungen der Gitarre in ein elektrisches Signal umzusetzen, erreichte Loar mit seinen Entwicklungen dieses Ziel wesentlich besser, als alle späteren magnetischen Tonabnehmer, welche unter den Saiten montiert wurden und nur an einer Stelle die Schwingungen der Saiten abnehmen konnten. Seine Instrumente übertrugen tatsächlich die Summe der Schwingungen so, wie sie von der Brücke auf den Korpus übertragen wurden.
Leider konnten sich seine Ideen langfristig nicht am Markt durchsetzen, da das Konzept einfach zu kompliziert und damit auch zu teuer war. Erst die Erfindung von piezzokeramischen Tonabnehmern ermöglichte eine noch bessere Übertragung von Saiten und Korpusschwingungen einer akustischen Gitarre. Für die aus ihr abgeleitete massive Elektrogitarre erwiesen sich jedoch die späteren magnetischen Tonabnehmer als die bessere Lösung, da die Schwingungen des Korpus hier nur noch eine untergeordnete Rolle spielten.
Ulf
Die Entstehung der Tonabnehmer für die Gitarre läßt sich bis in die frühen 20er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück verfolgen. "Den" Erfinder des Tonabnehmers gibt es allerdings nicht, denn es haben verschiedene Menschen an der Lösung des Lautstärkeproblems gearbeitet. Einer von ihnen war der am 9.1.1886 in Cropsey / Illinois geborene Lloyd Allayre Loar. Als virtuoser klassischer Mandolinen-Spieler kam er 1919 zu Gibson um dort in verschiedenen Positionen zu arbeiten. Er war hauptsächlich mit Verbesserungen der bestehenden Instrumentenkonzepte beschäftigt. Die 1922 von ihm entwickelte Mandoline "F-5" und die Gitarre "L-5", die erste Gitarre mit F-Löchern, wurden unter den Musikern schnell zu begehrten Instrumenten.
1923 entwickelte er die erste grobe Form einer Elektrogitarre. Dabei richtete er sein Augenmerk darauf, die mechanischen Schwingungen des Korpus in eine elektrische Spannung umzusetzen. Durch eine geeignete Mechanik übertrug er die Schwingungen der Brücke auf ein Kohlekörnermikrofon, wie es auch in den damaligen Telefonen verwendet wurde. Die gleiche Technik verwendete er auch für eine Viola und einen Baß.
Leider war dieser Tonabnehmer nicht besonders stark und darüber hinaus anfällig für Feuchtigkeit. Die Führung bei Gibson war von dieser neuen Technologie folglicherweise nicht besonders beeindruckt. Man darf bei der Bewertung dieses Verhaltens jedoch nicht vergessen, daß 1923 die wesentlich Voraussetzungen für den sinnvollen Einsatz einer elektrischen Gitarre noch nicht vorhanden waren.
Eine flächendeckende Versorgung mit elektrischem Strom war zu dieser Zeit keinesfalls eine Selbstverständlichkeit. Wenn es überhaupt ein sogenanntes "Lichtnetz" gab, dann wurde in aller Regel Gleichstrom verteilt, wobei die Höhe der Spannung von Stadt zu Stadt unterschiedlich sein konnte. Der Betrieb eines elektrischen Gerätes war also nicht ohne weiteres an jedem Lichtnetz möglich. War die Spannung zu gering, funktionierte es einfach nicht; war sie hingegen zu groß, lief man Gefahr das Gerät zu beschädigen. Elektrische Verstärker waren aus diesem Grund häufig batteriebetriebene Geräte, deren Leistung zunächst noch sehr gering war.
Die Lautsprecher stellten in dieser Zeit noch ein großes Problem dar. Die meisten Konstruktionen basierten auf den Schalltrichtern der damaligen Grammophone. Aufgrund der geringen Bandbreite waren sie jedoch nicht dazu geeignet, den vollen Klang einer Gitarre in der erforderlichen Weise zu übertragen.
Erst als zu Beginn der 30er Jahre die Stromversorgung einheitlich auf Wechselspannung umgestellt wurde, konnte man daran gehen, netzgespeiste Verstärker zu entwickeln, die überall einsetzbar waren. Die Entwicklung stärkerer Röhren ermöglichte es, Verstärker mit größerer Leistung zu bauen, die das Signal mit Hilfe von neuen magnetischen Lautsprechern in Schall umsetzten.
Wenn man sich diese Entwicklung ansieht, wird klar, daß Loar 1923 mit seinen Ideen der Zeit weit voraus war. Da man für seine Arbeiten auf diesem Gebiet kein Interesse zeigte, verließ er Gibson 1924 und gründete zusammen mit Lewis Williams, einem weiteren Mitarbeiter, die Firma "ViviTone". Hier setzte er seine Forschungen fort und ersetzte das Mikrofon durch eine Spule und einen Hufeisenmagneten. Die Brücke war nun nicht mehr auf der Decke des Instrumentes befestigt, sondern auf einer Metallplatte, die unter der Decke saß und auf einer Seite fest mit der sogenannten "Magneto-Acoustic-Unit" verbunden war. Die andere Seite konnte sich frei bewegen. Um die Eigenresonanz der Platte zu unterdrücken, bekam sie ein weiteres Auflager, mit dem sie jedoch nicht fest verbunden war.
Unterhalb der Platte waren zwei Eisenpole angeordnet, die das Feld eines Hufeisenmagneten zur Platte führten und diese magnetisierten. Wurde die Platte durch die Schwingungen der Brücke in Bewegung versetzt, so erzeugte das bewegte Feld in der über dem Magneten angeordneten Spule eine Induktionsspannung.
Die ganze Anordnung saß in einem eigenen Gehäuse, die unter der Decke des Instrumentes befestigt wurde. Für diese Prinzip erhielt Lloyd Loar am 12. November 1935 unter der Nummer 2,020,842 in den USA ein Patent.
Eine sehr interessante Variante dieses Konzeptes beschreibt Loar im US-Patent 2,020,557, welches am gleichen Tag erteilt wurde. Hier sitzt die Brücke in klassischer Weise auf der Decke, die so zum Schwingen angeregt werden kann. Mit Hilfe zweier Schrauben kann die Brücke mechanische mit der unter der Decke liegenden Metallplatte verbunden werden. Im Extremfall wird die Brücke sogar leicht angehoben und ist somit von der Decke getrennt. Auf diese Weise kann der Musiker entscheiden, ob das Instrument akustisch oder elektrisch betrieben werden soll.
Vergleicht man die beiden Konzept mit den späteren Jazz-Gitarren, so ist festzustellen, daß Loars Ansatz zu einem Instrument führt, welches nicht so stark für akustische Rückkopplungen anfällig ist, da der schwingfähige Korpus recht gut von den Saiten und dem Tonabnehmer entkoppelt wird.
Durch seine Arbeiten muß Lloyd Loar als einer der Väter, wenn nicht sogar als "der" Vater, des magnetischen Tonabnehmers für die Gitarre bezeichnet werden. Die wesentlichen Merkmale eines modernen Single-Coils waren bei seinen Konzepten bereits vor 1930 enthalten. Lediglich die Verfügbarkeit von kleinen und trotzdem leistungsfähigen Magneten zwang ihn dazu, große Hufeisenmagnete zu verwenden.
Da es ja ursprünglich darum ging, möglichst die originalen Korpusschwingungen der Gitarre in ein elektrisches Signal umzusetzen, erreichte Loar mit seinen Entwicklungen dieses Ziel wesentlich besser, als alle späteren magnetischen Tonabnehmer, welche unter den Saiten montiert wurden und nur an einer Stelle die Schwingungen der Saiten abnehmen konnten. Seine Instrumente übertrugen tatsächlich die Summe der Schwingungen so, wie sie von der Brücke auf den Korpus übertragen wurden.
Leider konnten sich seine Ideen langfristig nicht am Markt durchsetzen, da das Konzept einfach zu kompliziert und damit auch zu teuer war. Erst die Erfindung von piezzokeramischen Tonabnehmern ermöglichte eine noch bessere Übertragung von Saiten und Korpusschwingungen einer akustischen Gitarre. Für die aus ihr abgeleitete massive Elektrogitarre erwiesen sich jedoch die späteren magnetischen Tonabnehmer als die bessere Lösung, da die Schwingungen des Korpus hier nur noch eine untergeordnete Rolle spielten.
Ulf