So, hier mal noch der Rest vom Gigbericht für alle, die´s interessiert:
Bevor es losging hatte ich keine Ahnung, ob die zwei nur zu zweit oder mit Band spielen. Außerdem konnte das Repertoire eher CSN Songs sein oder aber die teils recht eigenwilligen Kreationen des Herrn Crosby bzw. seiner Zweit-Band CPR.
Dann, beim Betreten des Saals kam Hoffnung auf: da standen ein Drumset, Keyboards und diverse Amps. Diese wurde noch äußerst positiv überrascht, als kurz nach 8 die Herren die Bühne betraten und loslegten. Eight Miles High in einer energetischen Version - Sound angenehm, nicht zu laut und v.a nicht zu bassdröhnend. Klasse! Es folgten Long Time Gone und etliche weitere CSN-Klassiker, bevor auch ein paar unbekanntere Crosby- oder Nash-Songs gespielt wurden.
Für mich das Highlight des Konzertes mit fast Gottesdienst-ähnlicher Qualität: Das Tryptichon "A critical Mass" (vom Band) - "For the last whale" - "Wind on the Water".
Von Anfang an überraschte mich Crosby (der ordentlich abgenommen hat) mit einer kraftvollen, kontrollierten Stimme, wie noch nie. Ich habe Aufnahmen von vor 20 Jahren, da haucht er fast nur noch und müht sich. Allerdings war das auch die Zeit, als er wirklich fertig war.
Ebenso erstaunlich ist, dass Graham Nash nichts von seiner hellen Stimme eingebüßt hat, er singt die gleiche Tonhöhe wie zu Woodstock-Zeiten, das ist phänomenal.
Und die Harmony-Vocals kommen aus einem Guss, hier singen noch der Keyboarder und der Drummer mit. Besser als wenn Steven Stills oder Neil Young mitsingen! Und das tut mir leid festzustellen, denn Stills fand ich früher absolut super an Gitarre und Gesang, aber heute kann er nicht mehr singen und hat einen grässlichen Gitarrensound. Die wahre "Bank" von CSN&Y sind Crosby und Nash, das wird mir an diesem Abend ganz deutlich klar.
Die Mitmusiker sind hervorragend:
Allen voran Gitarrist Shane Fontayne, den sie von Marc Cohn ausgeliehen haben, dann James Raymond (Crosby´s Sohn!) an Keyboards und Vocals, Kevin McCormick (Bass) und Steve DiStanislao (Drums und Vocals).
Shane Fontayne versteht es, bei den entscheidenden Stellen der Songs z.B. Wooden Ships, Deja Vue usw. zu klingen wie Stills damals, hat aber gleichzeitig einen eigenen Stil, der immer durchscheint. Er spielt meist eine Solidbody Gretsch oder eine Gretsch Tennessean und sein Sound erinnert mich bei cleanen Parts manchmal an Bill Frisell. Dann wieder meint man eine Pedal Steel zu hören, denn mit einer Mischung aus Bendings und Volume-Pedal erzeugt er auf einer Strat genau diesen Sound!
Hinter ihm stehen ein AC30 und zwei Fender-Amps, einer in Größe eines Bassmans, der andere sieht aus wie ein Deluxe Reverb.
Crosby spielt verschiedene Strats über Mesa Boogie Mark I und Nash spielt meist eine schöne Fender Esquire in einen Groove Tubes Combo. Nach jedem Song werden neue Gitarren gereicht, eine schöne Martin nach der anderen, teilweise in Crosbys abenteuerlichen Tunings.
Apropos: Crosbys "weird stuff" wird nur wenig gespielt, das ist gut so, die Mischung stimmt. Doch als jemand aus dem Publikum "Southern Cross" ruft, lehnt Crosby ab: "That´s Steven´s Song"!
Überhaupt plaudern die Herren locker mit dem Publikum und stellen sich mit selbstironischen Frotzeleien dar als ein seit 40 Jahren verheiratetes Ehepaar. Auch werden wir Deutschen beneidet, weil wir uns gegen Atomenergie entschieden haben, ein Anliegen, dass die beiden schon seit fast 40 Jahren vertreten.
Bei allem kommt die Musik nicht zu kurz, nach einer guten Stunde gibts eine kurze Pause und schon geht es weiter. Nach insgesamt 2,5 Stunden reiner Spielzeit feinster Musik mit fantastischen Gesängen geht eine beeindruckende Show zu Ende. Eine Show nicht von der großen Optik her, sondern eine Show des Könnens. Wenn oft bei Shows von Größen von vor 40 Jahren eher die Nostalgie einen gnädigen Mantel über die nachlassende Sangeskunst legt, so war hier das Gegenteil zu erleben: Zwei Ausnahmekünstler besser denn je zuvor.
Ich gönne es ihnen!