Hallo,
das ist schon ein interessantes Thema. Etwas hochgestochen könnte man das "Sound-Management" nennen und es ist in der Praxis gar nicht so einfach, damit umzugehen. Alles weitere zielt jetzt nicht auf Recording sondern ausschließlich auf Live-Spiel und das im Amateurbereich. Keine Roadies, keine Gitarrentechniker, begrenzte Zeit bei Proben und Soundcheck.
Klar, wenn der cleane Sound nicht lauter gemacht werden kann, dann müssen die verzerrten eben leiser werden. So weit, so logisch.
Meiner Meinung nach reicht das aber nicht. Ich habe in verschiedenen Bands mit Modelern gespielt und dabei gelernt, dass manche Sachen für mich überhaupt nicht funktionieren. Wenn man mal so ganz klischeehaft rangeht, wird für Cleansounds ein JC oder etwas Richtung Blackface genommen. Angezerrt? Ist ein anderes Wort für Vox, oder? Das italienische Wort für Brett ist vermutlich Plexi oder abgekürzt JCM. Lead = Soldano? Wenn es um Metal geht, sind die richtigen Amps meistens im hinteren Bereich des Drehreglers, davon verstehe ich aber nix. Wann immer ich so vorgangen bin, ging es in meinen Kapellen total schief. Für mich hat es sich bewährt, mit maximal zwei modelierten Amps den Abend zu verbringen. Gerne in zwei verschiedenen Gainstufen und vielleicht mit sogar zwei Zerrern davor.
Das lässt sich so erheblich leichter lautstärkemäßig abstimmen und die Gitarre bleibt frequenztechnisch auch im gleichen Bereich. Das hilft, um dem Sänger Platz zu lassen. Bassisten neigen auch zum gleichbleibenden Sound, auf den kann man sich dann auch besser abstimmen, gleiches gilt für den Drummer. Exkurs: Der eine oder andere Keyboarder neigt dazu, jeden Song mit einem anderen Sound aus seiner Presetschleuder zu spielen. Wer das schonmal erlebt hat, kennt das daraus entstehende Klangchaos. Ich predige hier nicht, dass alle die ganze Zeit gleich klingen sollen - aber es sollte halt abgestimmt sein.
Richtige Ziegen dabei sind die Herren Fletcher und Munson. Fröhlich im Proberaum bei Lautstärke X abgestimmt, ist bei Lautstärke Y beim Gig alles verkehrt. Ist dann halt blöd, wenn zwanzig Presets nicht funktionieren, denn das lässt sich schlecht nachregeln. Je weniger, desto besser.
Kommen wir zurück zum Ausgangspost und da ist mir noch was aufgefallen. Zwei Cleansounds? Ich bin jetzt mal ganz doof und frage, wie ich mir das vorstellen soll? Für einen warmen Cleansound schalte ich halt den Halspickup ein. Wie, noch wärmer? Okay, vielleicht mal weiter über dem Griffbrett anschlagen. Anschlagen? Schieben wir doch mal das Plektrum durch die Saiten. Drehen wir das Plektrum mal ein wenig - oder schlagen wir nicht sondern zupfen wir mit den Fingern. Wer so richtig mutig ist, kann sogar am Tone-Regler drehen. Oder doch eben etwas heller, greller? You get the idea - mit Spieltechnik und Pickupwahlgeht da einiges.
Mal ganz blöd gesagt, müsste eigentlich ein cleanes Preset reichen. (Wir reden jetzt hier nicht über Garnierung mit Effekten.) Nein, ein cleaner Vox klingt nicht wie ein cleaner Fender und auch nicht wie ein cleaner Marshall. Aber brauche ich wirklich alle drei modelierten Verstärker an einem Abend? Nein, ich für meinen Teil nicht und ich appelliere an jeden, sich diese Frage mal ganz kritisch zu stellen. Wer wirklich sicher ist, das zu brauchen, hat natürlich meinen Segen (ich liebe diese altmodische Redewendung).
Kommen wir zum Crunch. Klar, Matchless, Vox, JTM45 oder ein aufgerissener Champ. Oder - naja, die Schlagworte kennen wir ja alle. Ich finde es ja cooler, da anders heran zu gehen. Man könnte einfach mal den cleanen Amp mit einem Booster oder einem milden Zerrer "anblasen" oder stumpf den Gainregler mal aufdrehen. Siehe oben, grundsätzlich bleibt dann die Gitarre im gleichen Frequenzbereich, das ist ganz hilfreich. Hübsch ist auch die Idee, diesen Crunchsound zum Cleansound zu verfremden, indem man den Volumenregler runterdreht. Geht das nicht, sind entweder der Modeler oder das Poti in der Gitarre Mist.
Und wenn man es sich ganz einfach machen will? Je nach Geschmack einen Blackface oder einen AC oder einen Plexi angerotzt einstellen. Davor einen Zerrer für den Leadsound. Mit etwas Glück kann man dann den angerotzten Sound mit Volumenpoti auf clean regeln und den Leadsound auf ein Rhythmusbrett runter. Mit Delay, Hall und Modulation nach Wunsch abschmecken, fertig.
Zu lang geworden? In kurz: Viele Presets = viele Probleme.
Beste Grüße
erniecaster