E
erniecaster
Power-User
- 19 Dez 2008
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- 4.489
- 2
- 96
Hallo!
One night stand review? Ja, kein Honeymoon, es blieb bei dem einen Date. Ich habe die Taylor Academy 12e hier gehabt und mit Kaufabsicht intensiv probiert aber es hat nicht gefunkt. Dennoch finde ich die Gitarre eindrucksvoll und möchte euch davon berichten. Wer nicht gerne viel liest, für den habe ich unten eine Zusammenfassung.
Fakten zuerst:
https://www.thomann.de/de/taylor_academy_series_12e.htm?ref=search_prv_18
So.
Vorneweg noch, damit das erledigt ist: Scientology. Muss erwähnt werden, Punkt abgehakt.
Taylors Gigbags werden immer wieder gelobt. Bei der Academy war das eine Sparversion. Das war dünn und spillerig, wirkte billig und war eigentlich eher eine Tasche. Wer die Gitarre nutzen und transportieren will, muss ein richtiges Gigbag oder einen Koffer kaufen.
Sicher kennt ihr diese extrem billigen Gitarren aus dem Supermarkt. Ja, bei Lidl und Aldi. So wirkt die Taylor optisch auch. Das Holz ist sehr grob gemasert, teilweise hässliche Flecken auf dem Hals und der Kopfplatte. Die eingebrannte Rosette erinnert mich an frühere Jahrmärkte, wo jemand unlustige Sprüche mit einem Lötkolben auf ein Frühstücksbrett gebrannt hat. Der "Armrest" führt optisch zu einem kunterbunten Mix von Hölzern, die farblich so gar nicht zusammen passen wollen. Alles zusammen fand ich das wirklich billig und überhaupt nicht ansprechend.
Die Verarbeitung war völlig einwandfrei. Die Mechaniken tun, was sie sollen, laufen aber auch nicht sahnig und sehen auch billig aus. Das Setup war eher offensiv. Hier sollte offensichtlich leichte Bespielbarkeit erreicht werden, was auch gelungen ist. Bei kräftigem Anschlag hätte man aber nachbessern müssen. Ich lasse eh grundsätzlich alle Gitarren von einem Gitarrenbauer einstellen, wenn sie bei mir bleiben, daher für mich kein Thema.
Die Bespielbarkeit ist ein Traum. Schlanker aber nicht zu dünner Hals, toll abgerichtete Bünde und Halskanten. Die Mensur ist etwas kürzer, daher fühlen sich die 12er Saiten darauf an wie 11er auf meinen Gitarren mit langer Mensur. Da musste ich meinen Unterkiefer doch wieder nach oben wuchten, sowas habe ich selten bis nie erlebt. Grandios.
Der Armrest wird bei allen Reviews meiner Meinung nach überbewertet. Das ist mal wieder eine Lösung, für die das Problem fehlt. Dennoch gebe ich zu, dass das wirklich bequem ist. Wenn ich den Vorteil der Bequemlichkeit gegen den Nachteil der optischen Verhunzung abwägen sollte, würde ich mich jederzeit gegen den Armrest entscheiden. Vielleicht bin ich auch nur zu konservativ, mag sein.
Akustisch haut die Gitarre ein ordentliches Pfund raus. Das ist alles sehr ausgeglichen, sehr transparent und dynamisch und sehr tayloresk: Typische silbrige Höhen, trotzdem fehlt die Unterfütterung nicht. Sie ist nicht so sehr Taylor wie die teureren Modelle, der Charakter nicht so ausgeprägt. Subjektiv gesagt nicht so plakativ und nervig. Dennoch bleibt diese merkwürdige Farblosigkeit, dieses Fehlen von Ecken und Kanten. Das ist ein komfortables und ziemlich universelles Werkzeug aber keine Inspiration.
Was mich so richtig aus den Schuhen gehauen hat, war das eingebaute Pickupsystem. Bislang fand ich die Systeme von Taylor wirklich schlecht. Das hier ist abgespeckt - Volumenregler, Toneregler, Tuner. Der Tuner ist ein Totalausfall. Einschalten (Signal gemutet, wie sich das gehört) und an den Mechaniken drehen bis die Gitarre laut diesem Tuner stimmt, funktioniert prächtig. Manche in Akustikgitarren und Multieffekten eingebauten Tuner zappeln blöde rum - hier geht das schnell und einfach. Das wäre bis jetzt ganz, ganz toll. Nur stimmt die Stimmung dann nicht. Die Gitarre ist dann ernsthaft verstimmt, da geben mir meine ollen Bodentuner Recht und meine Ohren auch. Stimmt man die Gitarre richtig, behauptet der interne Tuner, die Gitarre sei verstimmt. Unfassbar, sowas habe ich noch nie erlebt. Nochmal: Tuner Totalausfall.
Nun aber rein in den AER AG8, nix dazwischen, Klangregelung auf neutral, Toneregler an der Gitarre in die Mitte und Volumenregler aufdrehen und es klingt ernsthaft so, wie die Gitarre akustisch klingt nur lauter. Selbst dieses moderne Rumgekloppe auf der Gitarre, in Fachkreisen Percussiontechniken genannt, funktioniert. Rein klanglich ist dieses System absolut überzeugend. Mit dem Toneregler kann man es noch ein wenig weicher gestalten oder noch silbriger. Hier geht es aber eher darum, Klangformung zu betreiben und da ist natürlich ein Regler wenig und ich würde dafür doch einen Außenborder mitnehmen.
Übrigens gibt es jede Menge Videos auf Youtube zu der Klampfe. Bei jedem dieser Videos ist der Tonabnehmersound grottig.
Zusammenfassung:
Optik: Boah, ist die hässlich.
Verarbeitung: Jepp.
Bespielbarkeit: Wow.
Akustischer Sound: Perfekt aber langweilig.
On-Board-Tuner: Da kann man mal echt sauer werden.
Pickupsystem: 100 von 100 möglichen Punkten.
Es hat zwischen uns nicht gefunkt. Leider, denn bis auf den ärgerlichen Tuner ist das ein tolles Werkzeug. Aber ich hätte diese Gitarre nicht nur nicht in die Hand genommen, sie hätte sogar im Gigbag wohnen müssen. Ich habe sogar kurz erwogen, sie umlackieren zu lassen, dafür war mir der Sound dann aber doch nicht geil genug.
Und ich gebe zu, dass ich ein wenig auf Serienstreuung hoffe. Vielleicht finde ich mal eine mit schönerer Maserung, villeicht funktioniert da sogar der Tuner und vielleicht zwinkert sie mir zu und fragt, ob ich sie mit nach Hause nehme. Obwohl da ja schon ein paar andere tolle Damen wohnen.
Beste Grüße
erniecaster
One night stand review? Ja, kein Honeymoon, es blieb bei dem einen Date. Ich habe die Taylor Academy 12e hier gehabt und mit Kaufabsicht intensiv probiert aber es hat nicht gefunkt. Dennoch finde ich die Gitarre eindrucksvoll und möchte euch davon berichten. Wer nicht gerne viel liest, für den habe ich unten eine Zusammenfassung.
Fakten zuerst:
https://www.thomann.de/de/taylor_academy_series_12e.htm?ref=search_prv_18
So.
Vorneweg noch, damit das erledigt ist: Scientology. Muss erwähnt werden, Punkt abgehakt.
Taylors Gigbags werden immer wieder gelobt. Bei der Academy war das eine Sparversion. Das war dünn und spillerig, wirkte billig und war eigentlich eher eine Tasche. Wer die Gitarre nutzen und transportieren will, muss ein richtiges Gigbag oder einen Koffer kaufen.
Sicher kennt ihr diese extrem billigen Gitarren aus dem Supermarkt. Ja, bei Lidl und Aldi. So wirkt die Taylor optisch auch. Das Holz ist sehr grob gemasert, teilweise hässliche Flecken auf dem Hals und der Kopfplatte. Die eingebrannte Rosette erinnert mich an frühere Jahrmärkte, wo jemand unlustige Sprüche mit einem Lötkolben auf ein Frühstücksbrett gebrannt hat. Der "Armrest" führt optisch zu einem kunterbunten Mix von Hölzern, die farblich so gar nicht zusammen passen wollen. Alles zusammen fand ich das wirklich billig und überhaupt nicht ansprechend.
Die Verarbeitung war völlig einwandfrei. Die Mechaniken tun, was sie sollen, laufen aber auch nicht sahnig und sehen auch billig aus. Das Setup war eher offensiv. Hier sollte offensichtlich leichte Bespielbarkeit erreicht werden, was auch gelungen ist. Bei kräftigem Anschlag hätte man aber nachbessern müssen. Ich lasse eh grundsätzlich alle Gitarren von einem Gitarrenbauer einstellen, wenn sie bei mir bleiben, daher für mich kein Thema.
Die Bespielbarkeit ist ein Traum. Schlanker aber nicht zu dünner Hals, toll abgerichtete Bünde und Halskanten. Die Mensur ist etwas kürzer, daher fühlen sich die 12er Saiten darauf an wie 11er auf meinen Gitarren mit langer Mensur. Da musste ich meinen Unterkiefer doch wieder nach oben wuchten, sowas habe ich selten bis nie erlebt. Grandios.
Der Armrest wird bei allen Reviews meiner Meinung nach überbewertet. Das ist mal wieder eine Lösung, für die das Problem fehlt. Dennoch gebe ich zu, dass das wirklich bequem ist. Wenn ich den Vorteil der Bequemlichkeit gegen den Nachteil der optischen Verhunzung abwägen sollte, würde ich mich jederzeit gegen den Armrest entscheiden. Vielleicht bin ich auch nur zu konservativ, mag sein.
Akustisch haut die Gitarre ein ordentliches Pfund raus. Das ist alles sehr ausgeglichen, sehr transparent und dynamisch und sehr tayloresk: Typische silbrige Höhen, trotzdem fehlt die Unterfütterung nicht. Sie ist nicht so sehr Taylor wie die teureren Modelle, der Charakter nicht so ausgeprägt. Subjektiv gesagt nicht so plakativ und nervig. Dennoch bleibt diese merkwürdige Farblosigkeit, dieses Fehlen von Ecken und Kanten. Das ist ein komfortables und ziemlich universelles Werkzeug aber keine Inspiration.
Was mich so richtig aus den Schuhen gehauen hat, war das eingebaute Pickupsystem. Bislang fand ich die Systeme von Taylor wirklich schlecht. Das hier ist abgespeckt - Volumenregler, Toneregler, Tuner. Der Tuner ist ein Totalausfall. Einschalten (Signal gemutet, wie sich das gehört) und an den Mechaniken drehen bis die Gitarre laut diesem Tuner stimmt, funktioniert prächtig. Manche in Akustikgitarren und Multieffekten eingebauten Tuner zappeln blöde rum - hier geht das schnell und einfach. Das wäre bis jetzt ganz, ganz toll. Nur stimmt die Stimmung dann nicht. Die Gitarre ist dann ernsthaft verstimmt, da geben mir meine ollen Bodentuner Recht und meine Ohren auch. Stimmt man die Gitarre richtig, behauptet der interne Tuner, die Gitarre sei verstimmt. Unfassbar, sowas habe ich noch nie erlebt. Nochmal: Tuner Totalausfall.
Nun aber rein in den AER AG8, nix dazwischen, Klangregelung auf neutral, Toneregler an der Gitarre in die Mitte und Volumenregler aufdrehen und es klingt ernsthaft so, wie die Gitarre akustisch klingt nur lauter. Selbst dieses moderne Rumgekloppe auf der Gitarre, in Fachkreisen Percussiontechniken genannt, funktioniert. Rein klanglich ist dieses System absolut überzeugend. Mit dem Toneregler kann man es noch ein wenig weicher gestalten oder noch silbriger. Hier geht es aber eher darum, Klangformung zu betreiben und da ist natürlich ein Regler wenig und ich würde dafür doch einen Außenborder mitnehmen.
Übrigens gibt es jede Menge Videos auf Youtube zu der Klampfe. Bei jedem dieser Videos ist der Tonabnehmersound grottig.
Zusammenfassung:
Optik: Boah, ist die hässlich.
Verarbeitung: Jepp.
Bespielbarkeit: Wow.
Akustischer Sound: Perfekt aber langweilig.
On-Board-Tuner: Da kann man mal echt sauer werden.
Pickupsystem: 100 von 100 möglichen Punkten.
Es hat zwischen uns nicht gefunkt. Leider, denn bis auf den ärgerlichen Tuner ist das ein tolles Werkzeug. Aber ich hätte diese Gitarre nicht nur nicht in die Hand genommen, sie hätte sogar im Gigbag wohnen müssen. Ich habe sogar kurz erwogen, sie umlackieren zu lassen, dafür war mir der Sound dann aber doch nicht geil genug.
Und ich gebe zu, dass ich ein wenig auf Serienstreuung hoffe. Vielleicht finde ich mal eine mit schönerer Maserung, villeicht funktioniert da sogar der Tuner und vielleicht zwinkert sie mir zu und fragt, ob ich sie mit nach Hause nehme. Obwohl da ja schon ein paar andere tolle Damen wohnen.
Beste Grüße
erniecaster