Proberaum dämmen - der falsche Weg?

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erniecaster

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19 Dez. 2008
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Hallo!

Meine Kapelle hat fest beschlossen, im Proberaum Molton aufzuhängen. Soll Reflexionen dämpfen und hinterher besser klingen. Außerdem werden wir uns so aufstellen, wie hier http://www.mix4munich.de/proberaum.htm beschrieben.

So weit, so gut.

In einem ungedämpften Proberaum wirkt die Summe der Signale doch subjektiv lauter als in gleicher Einstellung in einem gedämpften Proberaum, oder? Ist der Schalldruck auf die Ohren - und damit die Gesundheitsgefahr für das Gehör - im gedämpften Proberaum auch niedriger?

Meine Befürchtung ist, dass wir mit allen schlechten Konsequenzen für das Gehör lauter spielen werden als im ungedämpften Proberaum, ohne es tatsächlich als lauter zu empfinden.

Bin ich hier gedanklich auf dem Holzweg?

Gruß

e.
 
Hi Ernie,

mit dem Molton Zeugs "bedämpfst" Du nur die Reflektionen der hohen Frequenzen. Das bringt nix ausser einer schlechten Raumakustik.
Beim unterhalten klingt es als hättest Du einen Schallschutzkopfhörer aus und die tiefen Mitten und Bässe dröhnen immer noch.
Ich würde eher an einen gesunde Mischung aus reflektierenden plus nicht-reflektierenden Flächen denken, dazu möglichst wenige parallele Flächen (schwer zu realisieren) und ein paar Bassfallen in Form von Resonatoren.
Damit bekommst Du eine angenehme Raumakustik.
Mit Lautstärke hat das aus meiner Sicht allerdings alles nicht wirklich zu tun.

Beschreib doch mal ein bisschen wo es eigentlich drückt.
Habt Ihr Flatterechos, Bassdröhnen, Mitten-Feedback, oder was?

Schöne Grüße
Ralf
 
Hi Ernie,

bevor man einen Raum akustisch behandelt, sollte man sich erst im klaren darüber sein, welche Probleme man denn überhaupt angehen will:

- Flatterechos?
- zuviel Höhen?
- plärrige Mittenresonanzen?
- zuviel Gedröhn im Bass- und Tiefmittenbereich?

Vier Probleme, vier verschiedene Ansätze. Natürlich kann man kombinieren, aber man sollte wissen, in welche Richtung die Reise gehen soll.

Flatterechos kommen durch parallele ungedämpfte Wände, zwischen denen ein Signal immer wieder hin- und hergeworfen wird. Lösung: Equipment aufbauen, Möbel reinstellen, den Boden dick mit Teppich auslegen. Wenn Platz ist, stellt auch einen Kühlschrank und ein paar alte Sofas rein, die "zerklüften" die glatten Wände und ergeben eine diffusere Akustik. Diffusoren helfen (s.u.)!

Zuviel Höhen: Oft durch glatte Wände verursacht, Glas, Kacheln, glatter Verputz. Hier hilft das Aufhängen von Molton. Molton dämpft die hohen und in geringem Maß auch die mittleren Frequenzen. Das Molton sollte nicht glatt gespannt werden, sondern wellig hängen wie ein Vorhang, je mehr Mitten Du absorbieren willst, desto welliger der Molton. Soll heissen: Für normale Höhenbedämpfung einer Wand braucht man doppelt soviel Molton wie die Wand lang ist (für leichte Wellenbildung); bei mehr Bedarf an Dämpfung nehmt den Molton dreimal so lang wie die Wand und hängt das stark gewellt auf, ca. 10 cm von der Wand entfernt.

Zuviel Mitten? Dicke schwere Teppiche, Sofas, Diffusoren. Diffusoren kann man in prof. Qualität kaufen, aber auch ansatzweise selber "herstellen". Ein sehr unordentlich eingeräumtes Bücherregal ist in erster Näherung ein Diffusor. Zwei oder drei Ikea IVAR an die Wand, viel Zeug unordentlich reinstellen (also wenig glatte parallele Flächen lassen), und die Akustik gewinnt.

Zuviel Bassdröhnen? Das wird entweder teuer oder sehr aufwendig! Entweder sogenannte Basstraps kaufen oder selber berechnen und bauen. Die Infos dazu gibt es im Internet.

Etwas allgemeiner Lesestoff (als Ausgang für eigene Forschungsreisen):
http://en.wikipedia.org/wiki/Micro_perforated_plate
http://en.wikipedia.org/wiki/Sound_diffuser
http://hofa-akustik.de/pages/startseite ... spiele.php (sehr gute Beispiele!)

Hope that helps & Frohe Weihnachten!

Viele Grüße
Jo
 
Hallo!

Wir reden hier über einen Raum in einem Bunker. Betonboden mit Teppichen drauf, Betondecke, Kalksandsteinwände. Früher klang der Raum sehr "knallig" in den Höhen und wir hatten auch recht schnell Feedback auf den Mikros.

Als erstes haben wir mal auf- bzw. ausgeräumt. Sollte man unbedingt mal tun...

Der Molton hängt schön wellig auf drei Wänden, wir haben um- und aufgeräumt. Der Sound im Proberaum ist erheblich angenehmer in den Höhen geworden. Weniger Höhen dürfen es jetzt für mich auch nicht mehr sein.

Das größte Problem war unser Bassist, der sich mit seiner 15er Box die Kniekehlen beschallte und immer zu laut war. Er steht jetzt gute zwei Meter von seiner Box weg und spielt seitdem erheblich leiser.

Lieber Johannes, ohne deinen Beitrag hätte ich den Basser nie davon überzeugt, mal nicht neben seiner Box Bass zu spielen. Vielen Dank dafür! Manchmal hilft es doch, auf einen Artikel im Internet zu verweisen.

Gruß

e.
 
Hi Ernie,

gern geschehen! Die meisten Fehler muss man einfach selber mal machen, um zu sehen, wieviel besser es werden kann, wenn man es richtig macht. Ich habe denselben Fehler begangen, und das nahezu 20 Jahre lang. Schon blöd, oder? :-)

Viele Grüße
Jo
 
Hat jemand eigentlich mal probiert, sich den Proberaum von einem Profi planen zu lassen, und die Arbeiten dann selbst auszuführen? Ich meine, alles vom Fachmann basteln zu lassen kann kein normaler Mensch bezahlen (http://www.my-hammer.de/preise/daemmung/). Aber auf der anderen Seite ist Raumakustik für ebendiese normalen Menschen (auch mich :oops: ) ein Buch mit sieben Siegeln, und auf manche ganz einfache Sachen kommt man nicht, wenn es einem nicht mal jemand sagt. Das könnt's schon wert sein, daß mal jemand zu einem Vernünftigen Peris in den Raum schaut, überlegt, wie da gepielt werden soll und sagt, so und so kriegt ihr da das meiste raus.
 

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