Wampler Tweed 57 vs. Catalinbread Formula 5F6

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Anonymous

Guest
Da ich in der Vergangenheit schon oft von Online-Reviews profitiert habe, dachte ich mir, es sei an der Zeit selbst mal eines zu schreiben.
Hier also mein 1. Review.

Das Wampler Black 65 ist seit einiger Zeit in meinem Besitz, und da ich mit dessen Sound sehr zufrieden bin dachte ich mir, ein weiteres Wampler-Pedal könnte nicht schaden. Als passende Ergänzung zum Black 65 fiel mir sofort das Tweed 57 auf, vom Grundsound offenbar ähnlich, aber eben mehr Tweed als Blackface.
In den diversen Reviews, die ich zum Tweed 57 gelesen habe (erstaunlicherweise fast ausschließlich auf englischsprachigen Seiten, in Deutschland scheint Wampler noch immer eher unbekannt zu sein) bin ich außerdem auf das Formula No.5 von Catalinbread gestoßen. Das Formula No.5 hat für meinen Geschmack allerdings zu viel Gain, ich mag es eher leicht angecruncht. Zufällig bin ich aber auch auf das neue Pedal von Catalinbread gestoßen, das Formula 5F6, eine Weiterentwicklung des Formula No.5, aber mit weniger Gain und spezifisch am Fender Bassman angelehnt. Da mir die Bassman-Simulation meines Fender Mustang, den ich fürs Üben Zuhause habe, sehr gefällt, und auch die ersten Demos auf Youtube vielversprechend klangen, war klar, das 5F6 sollte ich mir mal näher ansehen.
Um es kurz zumachen: Ich habe mir beide Pedale, das Wampler Tweed 57 und das Catalinbread Formula 5F6 bestellt und hatte jetzt eine Woche Zeit, die beiden Kontrahenten ausgiebig miteinander zu vergleichen.
Hier also mein Vergleich:

Meine Pedale sind hervorragend verarbeitet und machen einen soliden, wertigen Eindruck. Das Catalinbread ist etwas kleiner, platzsparender. Das Wampler gefällt mir hingegen vom Design etwas besser. Beide Pedale laufen entweder über Blockbatterie oder 9 Volt-Netzstecker, wobei das Catalinbread auch mit 18 Volt betrieben werden kann, laut Hersteller für mehr Headroom und bessere Separation einzelner Noten. Ich habe das Pedal allerdings nur mit den normalen 9 Volt getestet.
Beide Pedale haben Volume- und Gain-Regler, außerdem einen kompletten 3-Band-EQ. Das Wampler hat zusätzlich noch einen Kippschalter, mit dem man zwischen 3 Modi wählen kann: Normal, Bright und Linked. Normal und Bright erklären sich selbst. Linked ist praktisch eine Extraschippe Verzerrung, für mich also nix. Bright hat für meinen Geschmack zwar grundsätzlich zu Viel Höhen, spielt man aber über den Hals-Pickup, ist der Bright-Modus durchaus interessant, insbesondere eine höhere Verzerrung, die sonst zu dumpf ausfallen würde, klingt schön singend und gläsern.

Damit kommen wir zum Wichtigsten, dem Klang.
Um es ganz klar zu sagen, mir haben beide Pedale sehr gut gefallen. Aber wie es im Leben ist, am Ende kann es nur einen Sieger geben. Die Entscheidung fiel mir enorm schwer. Beide Pedale haben ihre Vor- und Nachteile, ihre Stärken und Schwächen. Letztlich ist es der persönliche Geschmack der entscheidet, und der ist bekanntlich subjektiv. Nochmal: Beide Pedale sind toll! Und wie zu erwarten war sind sie sich klanglich natürlich ähnlich. Beide werten das Gitarrensignal stark auf, machen es brillanter, klarer und druckvoller. Ziel der Hersteller war es nicht allein, das Gitarrensignal tweedartig anzuzerren, sondern den Grundcharakter zu verändern und aufzuwerten, und so für echtes Tweed-Erlebnis zu sorgen, bzw. den Verstärker regelrecht in einen Tweed-Verstärker zu verwandeln.
Ich finde, beide Hersteller haben das geschafft. Natürlich verwandelt sich ein x-beliebiger Verstärker in keinen Fender Bassman wenn man das 5F6 davorschaltet. Aber er wird zu einem Formula 5F6-Tweed Amp. Und für das Wampler gilt das gleiche. Wunder sollte mal also nicht erwarten!
Die Unterschiede:
Zunächst einmal hat das 5F6 den Vorteil, das es das Gitarrensignal tatsächlich völlig clean wiedergibt, wenn man den Gain ganz runterdreht, der Grundcharakter ist zwar bereits ein anderer, aber eben vollkommen zerrfrei, praktisch wie ein Cleanboost + Veränderung des Ampcharakters.
Das Wampler ist bei niedrigstem Gain bereits leicht angezerrt, aber wirklich nur ganz leicht. das heißt den berühmten Breakup gibt es beim Wampler gleich zu Beginn, kann aber noch intensiviert werden, wenn der Gainregler höher gestellt wird. Bei ca. 50% Gain ist das Signal dann ordentlich gesättigt. Persönlich würde ich beim Wampler kaum höher gehen, aber das ist eben Geschmackssache.
Beim 5F6 kann man den Breakup noch feiner einstellen, bei ca. 30 % kommt da an, wo das Wampler anfängt. Ab der Hälfte nimmt der Zerrgrad aber schneller zu.
Beide Pedale klingen auch bei höherer Verzerrung dynamisch und gebrochene Akkorde kommen sauber rüber. Je nach Intensität des Anschlags können einzelne Noten praktisch clean sein (leichter Anschlag) oder verzerrt (harter Anschlag).
Beide Pedale klingen verzerrt wie man es erwartet: Rau und dreckig.
Allerdings tendiert das Wampler etwas mehr zu matschen, insbesondere bei höheren Zerrstufen. Gerade beim Spiel über den Hals-Pickup wird es recht schnell problematisch. Aber: Durch umschalten in den Bright-Modus wird das Signal etwas entmatscht. Grundsätzlich: Wenn man beim Wampler mit höherer Verzerrung den Anschlag etwas abschwächt ist alles prima, bei härterem Anschlag sollte man aber auf den Bridge-Pickup wechslen.
Das 5F6 ist vom Grundcharakter etwas klarer als das Wampler. Es klingt auch direkter, punchiger und drückender. Im Clean-Bereich aber auch etwas quäkender. Das Wampler ist wärmer und dunkler, bei höherer Verzerrung wird es, wie gesagt, problematisch, da geht der Sound fast schon Richtung Fuzz.
Mein Fazit ist, dass das Wampler mehr Vintage-Tweed ist, das 5F6 mehr Modern-Tweed. Das 5F6 geht schon fast in Richtung Marshall, der Sound erinnert mich ein wenig an den David Bowie-Gitarristen in den 70ern.
 
Hallo karamzin und herzlich willkommen!

Danke für den ausführlichen Vergleich. Ich selbst kenne nur das Wampler-Pedal (und nutze es gern und häufig) und kann Deine diesbezüglichen Eindrücke nur bestätigen. Auch ich verwende das Tweed 57 mit maximal 50 Prozent Gain und meide den "Linked"-Modus. Speziell mit outputstärkeren Pickups muss man behutsam regeln, damit es nicht zu sehr matscht und fuzzt. Mit den Vintage-Singlecoils meiner Strat und meiner Tele arbeitet das Pedal aber hervorragend zusammen.

Was ich noch gern ergänzen würde: Der EQ des Wampler hat erheblichen Einfluss auf die Verzerrung. Er wirkt so, als würde er das Gain mitbestimmen (keine Ahnung, ob es technisch auch so gelöst ist, dass der EQ vor der Zerre sitzt, aber es hört/fühlt sich so an). Ich musste beim Test vor dem Kauf jedenfalls ganz schön fummeln und drehen, bis ich den Sound hörte, den ich haben wollte. Nichts für ungeduldige Menschen.

Grüße vom
Stardustman
 
Moin,

danke für das Review!

Ich selbst habe einen Wampler Pinnacle Deluxe und bin sehr zufrieden damit....und zwar mit der gesamten Soundpalette. Was ich betrüblich finde sind Pedale, die nur einen schwierig einzustellenden "Sweet Spot" besitzen. So scheint es hier ja zu sein. Wozu zahle ich einen nicht niedrigen Preis für ein Pedal mit Potis und Schaltern, wenn der Soundbereich so eingeschränkt ist, wie im Beitrag beschrieben?
 
tommy schrieb:
Was ich betrüblich finde sind Pedale, die nur einen schwierig einzustellenden "Sweet Spot" besitzen. So scheint es hier ja zu sein.

Ich finde, dass man dem Wampler Tweed 57 damit nicht gerecht wird. Da habe ich mich vielleicht unklar ausgedrückt. Ich finde das Pedal im Gegenteil enorm variabel, war aber auf der Suche nach einem ganz speziellen Sound (leicht angecrunchter Bassman 4x10). Danach musste ich halt eine Weile suchen. Andere Sounds, die das Pedal bietet, sind sicher auch brauchbar, nur eben nicht für mich. Ich habe z.B. nicht das Bedürfnis, wie Jehova Neil Young zu klingen. Das geht mit dem Tweed aber auch.

Hier werden die Möglichkeiten des Tweed 57 ganz hervorragend erläutert und vorgeführt: http://hermeticoguitar.blogspot.de/2013/01/pedals-wampler-tweed-57-in-depth-testing.html

Grüße vom
Stardustman
 
Stardustman schrieb:
tommy schrieb:
Was ich betrüblich finde sind Pedale, die nur einen schwierig einzustellenden "Sweet Spot" besitzen. So scheint es hier ja zu sein.

Ich finde, dass man dem Wampler Tweed 57 damit nicht gerecht wird. Da habe ich mich vielleicht unklar ausgedrückt. Ich finde das Pedal im Gegenteil enorm variabel, war aber auf der Suche nach einem ganz speziellen Sound (leicht angecrunchter Bassman 4x10). Danach musste ich halt eine Weile suchen. Andere Sounds, die das Pedal bietet, sind sicher auch brauchbar, nur eben nicht für mich. Ich habe z.B. nicht das Bedürfnis, wie Jehova Neil Young zu klingen. Das geht mit dem Tweed aber auch.

Hier werden die Möglichkeiten des Tweed 57 ganz hervorragend erläutert und vorgeführt: http://hermeticoguitar.blogspot.de/2013/01/pedals-wampler-tweed-57-in-depth-testing.html

Grüße vom
Stardustman


...ah ok, das hatte ich falsch verstanden.
 
Stardustman schrieb:
Was ich noch gern ergänzen würde: Der EQ des Wampler hat erheblichen Einfluss auf die Verzerrung. Er wirkt so, als würde er das Gain mitbestimmen (keine Ahnung, ob es technisch auch so gelöst ist, dass der EQ vor der Zerre sitzt, aber es hört/fühlt sich so an).

Das ist bei den klassischen Tweedamps doch so.
Wenn die ins Zerren kommen (sollen) ist das die Endstufenverzerrung.
Und die Klangregelung liegt halt meist vor der Endstufe. ;-)
 
HaWe schrieb:
Und die Klangregelung liegt halt meist vor der Endstufe. ;-)

Na ja, die Klangregelung liegt schon bei allen Amps vor der Endstufe.

Aber eigentlich wollte ich das hier kritisieren. Die Erwähnung des Namens Neil Young bringt immer eine unnötige Schärfe in die threads, was dieser Autor aber wohl auch beabsichtigte.

Stardustman schrieb:
Ich habe z.B. nicht das Bedürfnis, wie Jehova Neil Young zu klingen.

Grüße vom
Stardustman

So gehts natürlich nicht. Denn der Meister braucht gar keinen Tweed.



Aber Stephen Stills ist der Hammer .

Gruß

W.
 
Vielen Dank erstmal für eure netten Kommentare. Geht ja wirklich schnell hier im Forum!
Ich gebe zu, das (Vergleichs-)Review ist am Ende etwas knapp geraten, deshalb hier noch ein paar Ergänzungen:

Mein Equipment ist eine klassische Telecaster mit Single Coils und ein Tech 21 Trademark 60 Verstärker.

Wie Stardustman richtig geschrieben hat, der EQ beim Wampler arbeitet sehr sensibel, da ist viel Interaktion zwischen den einzelnen Reglern im Spiel.
Beim Catalinbread ist das nicht anders, hier erhöht sich z.B. die Lautstärke stark bei zunehmender Verzerrung, d.h. da muss man gegensteuern, übrigens stärker als beim Wampler. Beim Catalinbread gibt es außerdem noch einen Schalter im Inneren des Pedals, mit dem man in den Secret Lead Mode wechseln kann, das geht dann schon sehr stark Richtung Marshall.
Nach meines Dafürhalten klingen beide Pedale unabhängig von der EQ-Einstellung fast immer toll und der Grundcharakter bleibt erhalten, d.h. es gibt nicht nur einen "Sweet Spot" und der Rest ist Mist. Aber es gibt eben ausreichend Möglichkeiten sich genau den Sound zu suchen, den man haben will. Nur beim Gain sollte man beim Wampler eben etwas sparsamer sein.

Ich habe übrigens letzten Endes das Wampler behalten und das Catalinbread wieder zurückgeschickt. Der Grundsound war entscheidend. Das Wampler klingt einfach etwas wärmer, feiner, delikater, rauchiger.
Wie gesagt, auch das Catalinbread klingt toll, und ich glaube, die meisten Gitarristen würden sich sogar eher für das Catalinbread entscheiden weil es klarer und direkter ist und man auch einen 100% unverzerrten Cleanbereich zur Verfügung hat. Ich musste lange überlegen, mal tendierte ich zum Wampler, dann doch zum Catalinbread. Ja, das Wampler beginnt bei höherer Verzerrung zu matschen und klingt insgesamt etwas dumpfer als das Catalinbread. Aber der Grundsound ist einfach wunderschön, und auf hohe Verzerrung kann ich sowieso verzichten.
Für die härtere Gangart ist das Catalinbread sicher besser geeignet, da geht sogar Hardrock. Wer es eher bluesiger mag (und ich rede micht von Gary Moore!) liegt mit dem Wampler richtig.
 
b blues ks schrieb:
HaWe schrieb:
Und die Klangregelung liegt halt meist vor der Endstufe. ;-)

Na ja, die Klangregelung liegt schon bei allen Amps vor der Endstufe.

Schon klar :-D
Nur, hier ging es, wenn ich das richtig verstanden habe, um Pedale, die Verstärker mit Endstufenzerre betrieben werden, simulieren.
Und bei denen hat die Klangregelung erheblichen Einfluß auf die Verzerrung.
 
b blues ks schrieb:
So gehts natürlich nicht. Denn der Meister braucht gar keinen Tweed.



Stimmt, der Meister braucht keinen Tweed. Der Meister hat ein Playback. ;-)

Das Video gefällt mir übrigens wirklich gut! Und ich werde weiterhin "Neil Young" sagen, wenn mir danach ist. Neil Young. Neil Young. Neil Young ...

Grüße vom
Stardustman
 

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