Hallo,
ich kann Christian Stoll ebenfalls nur schwer empfehlen. Vor ein paar Monaten habe ich mir meine erste "richtige" A-Gitarre gekauft (E-Gitarren habe ich mehrere richtig gute im Sortiment), das war eine Stoll, Grundmodell PT69 mit ein paar leichten Custom-Features für 1.300 Euro. Nur: Dieses Modell habe ich mir bei Stoll bestellt, nachdem ich in mehreren Geschäften zuvor ca. 20 Gitarren bis inkl. 4.000 Euro getestet hatte, u. a. von
Gibson, Taylor und Breedlove. Von den "Stangengitarren" wäre die Taylor noch für meinen Geschmack am besten gewesen (je nach Modell die eine 2.500 Euro, die andere 3.700 oder so), aber die Stoll war insgesamt einfach besser! Diese Erfahrung hat mich dann entsprechend überzeugt, denn als Test-Vergleich diente mir ein PT69-Modell zum Preis von ca. 1.200 Euro, das eigentlich nur die Cutaway-Variante des PT59-Modells darstellt, das seinerseits für ca. 890 Euro zu haben ist. Sprich: Für dieses schmale Geld kriegt man irre viel Sound! Seit ich diese PT69 "Custom" spiele, ist mein Interesse an den namhaften Anbietern fast gegen Null gesunken.
Andreas Cuntz macht auf mich ebenfalls einen super Eindruck - hab' mich auf der Messe mit ihm unterhalten. Seine Modelle enthalten einige sehr interessante Features und sind zudem optisch richtig gewagt gestaltet. (In der Hinsicht bin ich modern eingestellt und es muss nicht alles nach Martin & Taylor aussehen, finde ich.) Daher mein Tipp: sich im Inland umschauen, Deine Klang- und sonstigen Anforderungen ermitteln (inkl. Halsbreite, -profil usw.) und sich dann ein entsprechendes Modell bauen lassen.
Wenn Du aber meinst "fürs Leben"... Das ist an sich gut gemeint, aber ich sehe da ein gewisses (unvermeidliches) Problem bzw. Risiko. Der Geschmack kann sich auch mal wandeln. Vielleicht wäre eine (klanglich/qualitativ akzeptable mittelpreisige) "Übergangsgitarre" sinnvoller, da Du so die Möglichkeit hättest, Dich auf diesem Instrument einzuspielen. Dann merkst Du spätestens nach ein paar Monaten, was für Dich "passt" - klanglich wie auch vom Spielgefühl her. Dann ließe es sich beim zweiten Mal (Custom-Gitarre) insofern besser machen.
Bei Stoll hat mich übrigens auch das von ihm empfohlene Pickup-System von McLoud sehr überzeugt, das er in seinen verstärkten Modellen verbaut. Es klingt wirklich beeindruckend natürlich und kommt - Stoll der Purist - ohne On-Board-Regler usw. aus. Das Signal wird lediglich am Klinken-Gurtpin ausgegeben und muss danach (falls gewünscht) am Akustikverstärker nachgeregelt werden. Stoll selbst verwendet hierfür ein Glockenklang-Basssystem - sehr interessante Idee. Ich spiele gelegentlich Bass, habe aber noch kein separates Bass-System. Das McLoud-System habe ich auf meiner PT69 noch nicht nachrüsten lassen. Nur so als Anregung - ein Bass-Amp kann als Full-Range-System eben auch zur Verstärkung von akustischen Instrumenten dienen.
Jeder namhafte Custom-Hersteller, den Du vor Ort besuchst, wird eine Auswahl antestbereiter Modelle vorweisen. Sollte da kein "Volltreffer" dabei sein, berät Dich der Gitarrenbauer natürlich gerne, wie sich Deine Vorstellungen optimal umsetzen lassen. Ich finde das mindestens so sinnvoll, wie sich durch zig Läden durchzutesten und dann letztlich "nur" diejenige Gitarre herauszupicken, die von allen getesteten eben "die Beste" ist. Die Chancen stehen gut, dass man per Custom-Instrument hier einen direkteren Weg wählt.
Letztes Jahr habe ich mir von Siggi Braun 2 Custom-Gitarren bauen lassen und vermisse seitdem im Bereich E-Gitarren absolut nichts mehr (einmal Custom, immer Custom). Diese Erfahrung habe ich mit der Stoll-Gitarre dieses Jahr auch im Bereich Akustikgitarren gemacht. Wobei es reizvoll wäre, sich eine 2. A-Gitarre bauen zu lassen, diesmal u. a. optisch etwas aufwändiger.
Man sollte sich dessen bewusst sein, dass z. B. Taylor - eine durchaus und zu Recht renommierte Marke - eben bis auf ihre Custom-Instrumente "nur" Fabrikgitarren bauen. Und "Fabrikgitarren" sind die Teile im Vergleich zu "echten" Custom-Herstellern auf jeden Fall. Im Detail ergeben sich (oft kleinere) Unterschiede, die sich aber durchaus summieren. Zurück zu Stoll: Hier werden alle Holzteile vor ihrem Einsatz auf klangliche Eigenschaften untersucht (Abklopftest). Logisch, dass dies in der Summe ein "musikalischeres" Resultat ergibt: extrem resonanzwillig, leicht, kein Schnickschnack. (Hier wage ich mal die Frage, mit wieviel das Expression-System von Taylor zu Buche schläge, falls erhältlich, gegenüber den 225 Euro fürs McLoud-System [zzgl. 40 Euro Einbau] von Stoll.)----Arky
EDIT
Ich sollte noch präzisieren, inwiefern die Stoll im Vergleich "am besten" geklungen hat: knackigster/präzisester Bass, sagenhaft ausgeglichenes Timbre (Bässe bis Höhen alles dabei), traumhafte Brillanzen, ohne metallisch/störend zu klingen und richtig lecker gemasertes Holz. Zudem wie gesagt ein sehr leichtes Modell - u. a. deshalb, weil die Materialdicken so wie erforderlich gewählt werden - die Decke ist relativ dünn, was dem Klang zuträglich ist. Auch die Saitenlage war ab Werk in Ordnung, mein Modell habe ich aber vor kurzem noch etwas flacher gelegt.