Hallo,
Sonntag haben wir einen nicht ganz alltäglichen Gig gespielt der es aus meiner Sicht ein Posting wert ist.
Angefangen hat es vor ein paar Wochen als Jürgen Rath, bekannter Amp-Guru (Rath Amps, PCL Vintage) bei meinem Gitarrenkollegen anrief und fragte ob wir beim St. Wendeler Marathon mitspielen wollten. Über 30 Bands entlang der Strecke sollen für die Läufer spielen, er wäre da für die Bandengagements zuständig.
Klar machen wir das, schliesslich sind wir eine junge Band und wollen raus und spielen. Wobei wir dachten es wäre vielleicht cleverer für die Leute im Publikum zu spielen wenn die Läufer gerade nicht da sind anstatt für die Läufer wenn sie vorbeilaufen, aber nun ja... :roll:
Letzte Woche Dienstag dann kurzer Anruf aus der Probe bei Jürgen um ein paar organisatorische Dinge abzuklären.
„Wo spielen wir denn genau?“
„Ei auf der B41 zwischen Ottweiler und Sankt Wendel“.
„Gibts ne Bühne, Überdachung, irgendwas?“
„Ja, es steht ein Anhänger da. Nehmt aber keine zu grosse PA mit“.
Ok.
„Ist da irgendwas in der Nähe was Publikum anzieht, Fressstand, Bierstand, irgendwas?“
Mich hat dazu noch brennend interessiert:
„Können wir uns essen besorgen?“
Antwort: „Nö, da ist nix. Ihr kriegt bisschern Verpflegung gebracht, aber bringt euch vorsichtshalber noch was mit, ist lang von 10:00 – 16:00.“
Hmmm...fortan haben wir unsere Planungen für den Sonntag also hauptsächlich auf das Catering gelegt, wer bringt Grill, wer Baguette, wer Nudelsalat mit...jaaaa, ich weiss, Saarländer...
Dann Sonntag Morgen 7:00, Treffpunkt Proberaum, einladen, danach bei 5 Grad durch den dichten Frühnebel zur B41.
Angekommen sahen wir das:
Sehr schöne Gegend. Allerdings auch ausschliesslich Gegend, Bundesstrasse und die Bahnlinie nebendran. Aus die Maus.
Der Anhänger war vom THW und defintiv zu klein für die ganze Band. Hmm, was tun, es war schönes Wetter gemeldet, also kurzerhand Drums auf den Wagen, nur Gesangsboxen ohne Subs, Amps runter auf die Strasse.
Schnell aufgebaut, verkabelt, grosser Soundcheck war durch den Gesamtaufbau ohne Instrumentenabnahme eh obsolet, damit hatten wir noch 10 Minuten für Frühstück herausgearbeitet.
Es gab Verpflegungstüten vom Veranstalter, 2 Brötchen, 2x Obst, 1 Mars, Apfelsaft. Suuuper....für den ganzen Tag...aber wir hatten ja vorgesorgt!
Es war nun klar dass auf diesem Streckenabschnitt tatsächlich kein Publikum zu erwarten war, also wirklich nur die Läufer.
Wir nahmen es erstmal mit Humor, frozzelten schon rum „naja, dann proben wir halt neue Lieder ein“...und dann gings los, die ersten Läufer kamen. Man muss dazu sagen, es war ein Top-Sportereignis, mit Weltklasseläufern (4 Kenianer, Russen etc), der Sieger hatte ne Zeit von 2:Std 14 (auf 42 km...!)
Dann kam die breite Masse...3000 Läufer am Start. Da wir ca. 3 km vor dem Wendepunkt waren, war zu dem Zeitpunkt das Feld schon sehr weit auseinandergezogen.
Es waren immer Läufer in unserer Nähe, dann kamen die ersten schon wieder von hinten auf dem Rückweg.
Und die Euphorie schwappte auf uns über. Unser Programm passte offenbar auch wunderbar als Laufgrundlage, halt Rockklassiker mit Rhythmus.
Wir hatten zum Glück unsere Wireless Sender dabei, sind mit den Läufern 20, 30 Metern mitgelaufen, angefeuert. Auch wenn keiner stehengeblieben ist und sie teilweise echt schon am abkratzen waren, man hat gemerkt wie sehr die das wieder motiviert und aufgeputscht hat. Einige waren schon am gehen, sind dann wieder gelaufen, man konnte sehen wie sie wieder Mut und Energie geschöpft haben sobald wir auf sie zu sind, animiert haben.
Ich habe nie bei einem Auftritt so wenig Applaus, aber soviel positive Resonanz bekommen. Ein einfaches Lächeln, mehr oder weniger gequält, Nicken, Daumen hoch, wer fitter war tänzelnde Schritte, manche haben mitgesungen...v.a aber dankbare Blicke.
Wir haben uns den A...aufgerissen, vom lockeren Job und bezahlter Probe war keine Rede mehr, wir haben von 10:00 bis 1245 nonstop durchgespielt, längste Unterbrechung war als der Bassist den Bass getauscht hat. Bis auf eine kurze Verschnaufpause mit drei Happen Nudelsalat gings dann direkt weiter.
Wir alle hatten gespürt, ey, die Leute da ackern sich einen ab, kämpfen, tun, machen, überwinden eigene Grenzen, und wollten sie einfach nur noch unterstützen, unser möglichstest tun ihnen ein Stück weit zu helfen.
Mir taten die Füsse weh vom mitlaufen, der Drummer wurde bei mittlerweile 20 Grad unter der Plane gekocht und meinte nur beim nächsten Mal würde er lieber mitlaufen, wäre weniger anstrengend.
Gegen 15:00 waren in unserem Abschnitt nur noch 3 Läufer unterwegs; wir haben extra gewartet bis wriklich der letzte durch war, mehr gehend als laufend. Als er gemerkt hat dass wir ausschliesslich für ihn spielten hat er sich nochmal aufgerafft und ist tatsächlich wieder weitergelaufen.
Ich habe ne Menge Gigs in meinem Leben gespielt, Fasching, Hochzeiten, Stadtfeste, Altstadtfeste, Kirmes etc. Einige weiss man noch, viele sind vergessen...dieser hier wird definitiv im Gedächtnis bleiben.
Manchmal kommt es wirklich anders als man denkt...und man braucht auch keine Riesenbühne oder Riesen-PA um einfach Spass zu haben und Menschen mit seiner Musik zu erreichen.
Es war einfach nur gut.
Danke fürs Lesen!
Gruss
Juergen2
Sonntag haben wir einen nicht ganz alltäglichen Gig gespielt der es aus meiner Sicht ein Posting wert ist.
Angefangen hat es vor ein paar Wochen als Jürgen Rath, bekannter Amp-Guru (Rath Amps, PCL Vintage) bei meinem Gitarrenkollegen anrief und fragte ob wir beim St. Wendeler Marathon mitspielen wollten. Über 30 Bands entlang der Strecke sollen für die Läufer spielen, er wäre da für die Bandengagements zuständig.
Klar machen wir das, schliesslich sind wir eine junge Band und wollen raus und spielen. Wobei wir dachten es wäre vielleicht cleverer für die Leute im Publikum zu spielen wenn die Läufer gerade nicht da sind anstatt für die Läufer wenn sie vorbeilaufen, aber nun ja... :roll:
Letzte Woche Dienstag dann kurzer Anruf aus der Probe bei Jürgen um ein paar organisatorische Dinge abzuklären.
„Wo spielen wir denn genau?“
„Ei auf der B41 zwischen Ottweiler und Sankt Wendel“.
„Gibts ne Bühne, Überdachung, irgendwas?“
„Ja, es steht ein Anhänger da. Nehmt aber keine zu grosse PA mit“.
Ok.
„Ist da irgendwas in der Nähe was Publikum anzieht, Fressstand, Bierstand, irgendwas?“
Mich hat dazu noch brennend interessiert:
„Können wir uns essen besorgen?“
Antwort: „Nö, da ist nix. Ihr kriegt bisschern Verpflegung gebracht, aber bringt euch vorsichtshalber noch was mit, ist lang von 10:00 – 16:00.“
Hmmm...fortan haben wir unsere Planungen für den Sonntag also hauptsächlich auf das Catering gelegt, wer bringt Grill, wer Baguette, wer Nudelsalat mit...jaaaa, ich weiss, Saarländer...
Dann Sonntag Morgen 7:00, Treffpunkt Proberaum, einladen, danach bei 5 Grad durch den dichten Frühnebel zur B41.
Angekommen sahen wir das:
Sehr schöne Gegend. Allerdings auch ausschliesslich Gegend, Bundesstrasse und die Bahnlinie nebendran. Aus die Maus.
Der Anhänger war vom THW und defintiv zu klein für die ganze Band. Hmm, was tun, es war schönes Wetter gemeldet, also kurzerhand Drums auf den Wagen, nur Gesangsboxen ohne Subs, Amps runter auf die Strasse.
Schnell aufgebaut, verkabelt, grosser Soundcheck war durch den Gesamtaufbau ohne Instrumentenabnahme eh obsolet, damit hatten wir noch 10 Minuten für Frühstück herausgearbeitet.
Es gab Verpflegungstüten vom Veranstalter, 2 Brötchen, 2x Obst, 1 Mars, Apfelsaft. Suuuper....für den ganzen Tag...aber wir hatten ja vorgesorgt!
Es war nun klar dass auf diesem Streckenabschnitt tatsächlich kein Publikum zu erwarten war, also wirklich nur die Läufer.
Wir nahmen es erstmal mit Humor, frozzelten schon rum „naja, dann proben wir halt neue Lieder ein“...und dann gings los, die ersten Läufer kamen. Man muss dazu sagen, es war ein Top-Sportereignis, mit Weltklasseläufern (4 Kenianer, Russen etc), der Sieger hatte ne Zeit von 2:Std 14 (auf 42 km...!)
Dann kam die breite Masse...3000 Läufer am Start. Da wir ca. 3 km vor dem Wendepunkt waren, war zu dem Zeitpunkt das Feld schon sehr weit auseinandergezogen.
Es waren immer Läufer in unserer Nähe, dann kamen die ersten schon wieder von hinten auf dem Rückweg.
Und die Euphorie schwappte auf uns über. Unser Programm passte offenbar auch wunderbar als Laufgrundlage, halt Rockklassiker mit Rhythmus.
Wir hatten zum Glück unsere Wireless Sender dabei, sind mit den Läufern 20, 30 Metern mitgelaufen, angefeuert. Auch wenn keiner stehengeblieben ist und sie teilweise echt schon am abkratzen waren, man hat gemerkt wie sehr die das wieder motiviert und aufgeputscht hat. Einige waren schon am gehen, sind dann wieder gelaufen, man konnte sehen wie sie wieder Mut und Energie geschöpft haben sobald wir auf sie zu sind, animiert haben.
Ich habe nie bei einem Auftritt so wenig Applaus, aber soviel positive Resonanz bekommen. Ein einfaches Lächeln, mehr oder weniger gequält, Nicken, Daumen hoch, wer fitter war tänzelnde Schritte, manche haben mitgesungen...v.a aber dankbare Blicke.
Wir haben uns den A...aufgerissen, vom lockeren Job und bezahlter Probe war keine Rede mehr, wir haben von 10:00 bis 1245 nonstop durchgespielt, längste Unterbrechung war als der Bassist den Bass getauscht hat. Bis auf eine kurze Verschnaufpause mit drei Happen Nudelsalat gings dann direkt weiter.
Wir alle hatten gespürt, ey, die Leute da ackern sich einen ab, kämpfen, tun, machen, überwinden eigene Grenzen, und wollten sie einfach nur noch unterstützen, unser möglichstest tun ihnen ein Stück weit zu helfen.
Mir taten die Füsse weh vom mitlaufen, der Drummer wurde bei mittlerweile 20 Grad unter der Plane gekocht und meinte nur beim nächsten Mal würde er lieber mitlaufen, wäre weniger anstrengend.
Gegen 15:00 waren in unserem Abschnitt nur noch 3 Läufer unterwegs; wir haben extra gewartet bis wriklich der letzte durch war, mehr gehend als laufend. Als er gemerkt hat dass wir ausschliesslich für ihn spielten hat er sich nochmal aufgerafft und ist tatsächlich wieder weitergelaufen.
Ich habe ne Menge Gigs in meinem Leben gespielt, Fasching, Hochzeiten, Stadtfeste, Altstadtfeste, Kirmes etc. Einige weiss man noch, viele sind vergessen...dieser hier wird definitiv im Gedächtnis bleiben.
Manchmal kommt es wirklich anders als man denkt...und man braucht auch keine Riesenbühne oder Riesen-PA um einfach Spass zu haben und Menschen mit seiner Musik zu erreichen.
Es war einfach nur gut.
Danke fürs Lesen!
Gruss
Juergen2