Mich stört ja dieser Begriff "authentisch" erheblich, weswegen ich ihn meistens in dieser Diskussion in Klammern gesetzt habe.
Erstens ist es anmaßend zu denken, man wisse was "echt" ist und was nicht. Was weiß ich denn, was echt und was Kalkül ist? Ist - z.B. - Billy Gibbons als Mensch so oder spielt er die Schrulligkeit bewusst aus um sich und seine Musik medial interessant zu machen? Hat sich Frank Zappa gedacht "Hey, ich mache wieder mehr Sperriges, meine Fans, diese berechenbaren Möchte-Gern-Intellektuellen, schlabbern ihn ja begierig auf, diesen verkopften Fraß?" Klingt schon ketzerisch, das zu schreiben. Glaube ich auch nicht, aber wissen kann ich es nicht, ob das authentisch war.
Zweitens steckt hinter dem Wunsch nach "Authentizität" so eine leicht absurde Neigung zu Purisms und Traditionen. Die üblichen Klischees, ihr wißt schon: Telecasters sind ehrliche Gitarren, der Blues ist eine ehrliche Musikform, blabla....je "roots"-hafter, desto ehrlicher. Find ich Käse. Das ist so eine Art oberflächliche, brackige Alte-Männer-Romantisierung der Welt.
Und drittens stellt es statt der Musik, um die es geht, den Musiker in den Vordergrund, mit seinen (unterstellten) Absichten. Das ist für mich sozusagen eine Reifestufe zu gering, diese Faszination mit und Auslagung über den Künstler statt dem Werk. So wie auch billige Zeitschriften über Filme, Bücher oder Musik nicht referieren können/wollen sondern sie brauchen Prominente, Stars und Human Interest Stories. Für mich findet aber das spannende statt beim Aufeinandertreffen von mir und dem Kunstwerk (sei es Literatur oder ein Pop-Song). Dahinter immer dauernd auf den Uhrheber zu schielen ist für mich so ein bißchen naiv.
Als ganz anderen Punkt - nämlich zum Problem des kreativen Flusses ud der Inspiration - finde ich die Idee von radikalen Instrumentenwechseln super.
Es passiert mir aber dabei, dass ich etwas auf einem Keyboard (ich verstehe nichts von Tastaturen und Noten darauf) herausstümpere, das dann stolz toll finde, es auf die Gitarre übertrage und dann herausfinde, dass es - sagen wir mal überspitzt im schlimmsten Fall - auch wieder G, C, D ist.
Das findet mein Gitarristengehirn dann wieder etwas banal und es findet eine leichte Entzauberung statt obwohl sich strukturell nichts geändert hat. Ein Beispiel wie man etwas "bauchig" Schönes mit dem Kopf selber intellektuell kaputt machen kann und sich dann selber im Weg steht.