Hallo zusammen!
Zu der Kiste selbst muss ich ja wohl nicht viel schreiben, dafür gibt´s ja den Link zum Produktvideo.
Das Zoom G3 ist kleiner als ein DIN-A-4-Blatt und wiegt angeblich 1,2 Kilo, also fast nichts. Das Netzteil ist etwa so groß wie das eines Handys, nimmt nicht mehr Platz in dem Mehrfachstecker weg als ein Schuko - also nicht wie die übliche Wandwarze. Geil.
Die Bedienbarkeit ist grandios. Man tippe ein wenig auf den Tasten über dem Display und wähle Amp und Effekte. 3 Effekte oder 2 Effekte und ein Amp sind gleichzeitig möglich. Unter dem Display sind Drehregler und wozu die drei Fußschalter da sind, brauche ich wohl nicht erklären. So weit ist das absolut idiotensicher - das wusste ich schon vorher.
Also auspacken, über die Größe freuen, anschließen, einschalten. Anschließen bedeutete bei meinem ersten Test Gitarre in G3, dahinter von Tech21 das Blonde und das Liverpool Pedal als Referenzen für Fender und Vox und von da in den AER AG-8. Verwendete Gitarren waren meine Tele und meine Ibanez Artcore, Interessierte mögen in die Galerie schauen.
Erste Maßnahme: Gitarre stimmen. Der Tuner wird aktiviert, indem man auf den mittleren Fußschalter tritt und ihn hält. Erst schaltet sich der Tuner ein, dann wird die Mute-Funktion aktiviert. Ist allgemein schon aufgefallen, dass viele der Produktvideos des G3 mit leicht verstimmter Gitarre erstellt wurden? Ich weiss jetzt auch, warum. Der Tuner ist unruhig, die LEDs flackern unmotiviert hin und her und ich habe mir sofort meinen veralteten TU-2 hergesehnt, der das deutlich besser kann. Erster fetter Minuspunkt.
Ich brauche auf jeden Fall cleane Sounds. Typischerweise gibt es die aus dem Hause Fender und Vox, Zoom modelliert zwei Fendercombos und einen Vox, so weit so gut. Fender Nummer eins. Auswählen, Akkord anschlagen - von Werkseinstellung her ist das etwas angezerrt. Der Sounds hat schon was, rotzt anständig los, reagiert sogar einigermaßen dynamisch. Nun will ich aber clean - und zu meiner Überraschung geht das nicht. Selbst mit Gain auf Null ist das immer noch "dreckig" und außerdem ist der Output jetzt nicht mehr wirklich brauchbar. Vielleicht ist ja der zweite Fender dafür gedacht? Nein, der hat zwar einen deutlich anderen aber dennoch fenderigen Charakter, lässt sich aber auch nicht zu glasklarem Funk, klingelndem Country oder Alte-Männer-Jazz verführen. Der Vox beginnt auch erst im angezerrten Bereich. Durch diese Erfahrung einigermaßen mutlos gemacht, habe ich jeden einzelnen, miesen kleinen verfickten gemodelten Scheiß-Drecks-Amp in der Kiste probiert. Der UK-Blues genannte Marshall zerrt bei Gain auf Null schon mehr als Onkel Malcolm.
So. In der gesamte Kiste also kein Cleansound. Dann fiel mein Verdacht auf die Peripherie. Liegt es an einem Kabel? Dem AER? Den Gitarren? Dem Bypass der Characterpedale? Achja, die sind ja auch noch da! Also mal ein kleiner A/B-Vergleich mit den Kisten, Zoom aus, Blonde an und auf einmal tönt aus dem AER ein erwachsener, fleischiger, brauchbarer cleaner Ton. Umschalten auf Liverpool und ich weiss wieder mal nicht, was besser klingt - ist aber auch egal, ich hab schließlich beide Kisten. Da ich ja aber das Zoom probieren will, mache ich die Tech21-Dinger wieder aus und das Zoom wieder an und meine eben noch aufflackernde Spielfreude ist dahin.
Nun gut, cleane Sounds gehen nicht. Der Versuch, aus den gemodelten Amps etwas Brauchbares Angezerrtes zu zaubern, geht schon besser aus - das macht aber nur Spaß, bis mir das Liverpool-Pedal nehme und da mal den Gainregler etwas aufdrehe. Machen wir es kurz: Das Amp-Modeling ist Spielzeug.
Also degradiere ich jetzt das Zoom zum Vorschaltgerät vor die Characterpedale. Die drölftausend Verzerrerpedale umfassen ein Spektrum von unterkühlt bis tiefgefroren. Dazu kommen gefühlte fünfzig Varianten von Modulationen, die mich allesamt seekrank machen und bei denen es die größte Freude ist, sie auszuschalten. Dann die Delay-Abteilung - mit Wehmut erinnere ich mich an das Line6-Echopark, das ALLES in Sachen Delay besser kann als diese Kiste. Selbstverständlich gibt es in der Kiste auch noch Virtualizer, Harmonizer, Tranquilizer und Humanizer, Moogs, Orgeleffekte, Slicer, Vibrato und alle sonstigen Sozialleistungen, die komische Digitalgeräte heutzutage wohl bieten müssen. Das reicht von "wer braucht denn sowas?" bis zu "das braucht kein Mensch".
Zum Glück gibt es noch die Hall-Varianten und zum ersten Mal macht das G3 auch klanglich Spaß. Das ist wirklich gut und gerade mit den Tech21-Dingern klasse. Nur ist das alles, was das G3 klanglich gut kann.
Schön. Das G3 hat noch einen 40 Sekunden-Looper und eine Drum-Machine drin. Ich hatte allerdings beim besten Willen keine Lust mehr, das auszuprobieren, in der Zeit habe ich das Gerät lieber wieder vorsichtig in die Originalverpackung versenkt.
Noch Fragen?
Gruß
erniecaster