Reverb und Delay - was und warum?

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Anonymous

Guest
Nachdem ich mich einigermaßen in die Einstellungen von Verstärkern eingehört habe bin ich bei den Effekten angelangt und würde gerne mehr über den Einsatz von Delay und Reverb lernen. Die physikalisch / akustischen Unterschiede sind mir klar, doch wie setzt man das ein? Und warum die meisten Gitarristen gleich beides?
Der Ton wird voller, durchsetzungskräftiger, plastischer, ok. Aber wenn ich alleine spiele, nervt mich beim Delay der percussive Effekt (sofern ich ihn nicht spielerisch benutze) der im Bandgefüge aber eh untergeht und habe lieber nur das Reverb, und das auch nur ein bisschen.
Brauch man das nur auf großer Bühne? Ich kann einfach den psychoakustischen Effekt für die Zuhöhrer nicht einschätzen.

Ich würde mich freuen, von euch ein paar Tips zu bekommen. Szenario Proberaum, Kneipengig, Draußen-Spielen bei ner Geburtstagsparty.

Liebe Grüsse,

Frente
 
Hi,

ich fasse das mal in einem Satz zusammen: Reverb bringt ein Instrument weiter in den Hintergrund, Delay macht es grösser.

LG
Ralf
 
Moin!
Wie so oft gilt natürlich auch hier: jeder Jeck ist anders. Erlaubt ist, was gefällt und man sollte sich nicht verrückt machen lassen, weil irgendwer irgendwas irgendwie anders macht. Allerdings macht es natürlich viel Sinn, sich genauer anzuschauen/-hören, was die Leute machen, die man gut findet. Soviel mal als Vorbemerkung...
Zum Thema Reverb und Delay: ich habe früher (in der Zeit des Rackwahns) auch immer beides benutzt und richtig viel. Im Lauf der Zeit habe ich aber gemerkt, daß da oft das Gegenteil von "durchsetzungsfähig" bei raus kommt.
Mittlerweile spiele ich eigentlich kaum noch mit Reverb. Ich benutze Delay entweder als hörbaren Solo-Effekt (d.h. dann mit relativ wenigen Wiederholungen und Verzögerungszeiten zwischen 250 und 400 ms, je nach Songtempo) oder als Effekt zum Erzielen eines Räumlichkeits-Effekts. Dann sind die einzelnen Echos meist weniger gut hörbar, es geht mehr um den subtilen Effekt, daß es sich wie in einem Raum anhört.
Ein Grund dafür ist auch daß bei vielen Auftrittsorten die Raumakustik selbst schon ein großer Faktor ist. Warum soll ich in einer Sporthalle mit Gewalt noch einen "Large Hall"-Effekt einsetzen, wenn der doch schon da ist? Reverb kommt bei mir eigentlich daher auch nur noch vor als leichte Räumlichkeit bei der Mikrosimulation (ich spiele ein Eleven Rack), weniger als Effekt, sondern mehr als kaum richtig wahrnehmbarer Raumklang-Anteil im Sound. Daher auch fast nur kleine Räume, kurze Predelay-Zeiten, kurzes Decay (Nachhallzeit) und geringer Mix-Anteil.
Ein langes Predelay vor einem schönen diffusen Hall ist übrigens als echter "Effekt" oft besser als die Kombination von Delay und Hall - probiers mal aus!
Auf meinem "kleines Besteck"-Pedalboard ist jedenfalls schon lange kein Hallgerät mehr, nur noch ein Delay.
 
taschakor schrieb:
Hi,

ich fasse das mal in einem Satz zusammen: Reverb bringt ein Instrument weiter in den Hintergrund, Delay macht es grösser.

LG
Ralf

Das ist wunderbar erklärt von Ralf und so ist es auch in der Praxis. Macht es alleine noch Spaß mit viel Hall und Delay, so kann es im Bandsound auch voll nach hinten gehn. Die richtige Würze beider machen es und wie so oft ist auch hier weniger oftmals mehr. Kommt auch sehr auf die Stilistik an, Surf braucht halt viel Springy Reverb und für Rockabilly ist ein Slap Delay Pflicht.

Ich selbst setze gerne eine Priese Hall in Art von Spring Reverb ein, manchmal auch zusammen mit kurzen dezenten Delays.

Ich habe zur Zeit allerdings wieder sehr viel Spaß dabei meine Gitarren pur zu hören und zu spielen :cool:
 
taschakor schrieb:
Hi,

ich fasse das mal in einem Satz zusammen: Reverb bringt ein Instrument weiter in den Hintergrund, Delay macht es grösser.

LG
Ralf

Darf ich das als "Reverb eher bei Begleitung, Delay bei Solopassagen" interpretieren? Gilt das auch für zerrige Sounds? Oder da besser gar nix von beiden? Ja, ich weiß, eigene Ohren, aber ich habe nicht die des Pulikums und einfach Null Erfahrung. Und auch keinen am (nicht vorhandenem) Mischpult, der mir sagt so und so nicht.
Konkret frage ich so blöde, weil wir demnächst mal draußen spielen und ich gerne Anhaltspunkte hätte ich welche Richtung ich den Sound ändern sollte.
Stilrichtung ganz grob zwischen Bluesrock & Funk.
 
Hallo,

also für alles rhythmisch prägnante, also Funk etc. würde ich kein Delay oder Reverb nehmen. Das verwischt alles nur.
Was Soli angeht handhabe ich es so, dass ich schnellere Passagen auch lieber ohne Effekt belasse, bei langsameren Linien aber meist merklich Delay drauf habe. Reverb kommt bei mir eher selten vor, eher bei breiten Akkorden im Hintergrund. Gilt bei mir übrigens unabhängig vom Zerrgrad.

Ist aber natürlich alles Geschmackssache und Stilabhängig.

Gruß,
Jacques
 
PainofSalvation schrieb:
Ist aber natürlich alles Geschmackssache und Stilabhängig.

Jep.
Siehe AC/DC, die in den 70ern weitgehend ohne Echo/Hall auskamen vs. The Edge von U2, dessen "Trademark-Sound" in den 80ern ohne viel Echo kaum denkbar war.
Ich mag beides, es muss halt jeweils "passen".

Da muss jeder für sich herausfinden, was zu ihm bzw. zum Sound seiner Band passt.

Ich z.B. benutze gerne ein wenig Echo, aber dezent und eher als Hall-Ersatz denn als klassischen Echoeffekt.
Echo bleibt meinem Gusto nach klarer, präziser wenn man mit Zerre spielt; Hall finde ich bei cleanen Passagen besser geeignet.

Tsch
Stef
 
Frente schrieb:
taschakor schrieb:
Hi,

ich fasse das mal in einem Satz zusammen: Reverb bringt ein Instrument weiter in den Hintergrund, Delay macht es grösser.

LG
Ralf

Darf ich das als "Reverb eher bei Begleitung, Delay bei Solopassagen" interpretieren? Gilt das auch für zerrige Sounds? Oder da besser gar nix von beiden?
Ja, das darfst Du. ;-) Wenn Du die Begleitung eher im Hintergrund haben möchtest und das Solo vorne, hast Du den richtigen Ansatz um von dort aus weiter zu probieren. Und ja, für mich gilt das auch für zerrige Sounds, auch wenn ich persönlich sagen muss, dass ich Reverb fast nie verwende. Selten auf der Gitarre, wenn dann nur ganz wenig bei cleanen Passagen, nie beim Gesang. Delay hingegen sehr gerne um es größer zu machen.

LG
Ralf
 
Frente schrieb:
Darf ich das als "Reverb eher bei Begleitung, Delay bei Solopassagen" interpretieren? Gilt das auch für zerrige Sounds? Oder da besser gar nix von beiden? Ja, ich weiß, eigene Ohren, aber ich habe nicht die des Pulikums und einfach Null Erfahrung. Und auch keinen am (nicht vorhandenem) Mischpult, der mir sagt so und so nicht.

...Reverb hat bei verzerrten Sounds leicht die Neigung, den Sound undifferenziert und matschig zu machen.
Delay ist m.E. ganz großes Kino, wenn man Soloparts dramatisch und groß erscheinen lassen will. Siehe Video ab 3.50.






...ach ja, unbedingt einen Ventilator auf die Bühne stellen...die Haare müssen im Wind wehen! Und immer dabei ein schmerzerfülltes Gesicht in Richtung der hübschesten Fans machen! ;-)
 
tommy schrieb:
...ach ja, unbedingt einen Ventilator auf die Bühne stellen...die Haare müssen im Wind wehen! Und immer dabei ein schmerzerfülltes Gesicht in Richtung der hübschesten Fans machen! ;-)

... DAS werde ich auf jeden Fall berücksichtigen! Endlich mal ein nützlicher Tipp ;)
 
Ich könnte mittlerweile nicht mehr ohne Reverb, am besten im Amp da ich lieber ohne Treter spiele, auskommen. Ich spiele zugegebenermaßen fast ausschließlich clean.
Ohne dezenten Hall fällt es mir schwer, im Bandgefüge den richtigen Platz zu finden. Ohne Hall bin ich entweder zu aufdringlich laut oder zu leise, mit etwas Hall setzt sich bettet sich der Gitarrensound besser in den Kontext ein.

Außerdem wirkt der Klang "voller" und weicher.

Die Hall Einstellung ist bei mir dann meistens so, dass man ihn nicht bewusst wahrnimmt, sondern es erst merkt, wenn er aus ist. Es fehlt dann einfach was.
 
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