Schrankwandzeit vorbei?

Ich habe in den letzten Jahren einen verbastelten 100W Super Lead restaurieren lassen und dann ist mir eine 1979er 4x12 zugelaufen.
Wer behauptet, das sei ungeil, lügt.

In Sachen Bühnenpraxis:
Im englischsprachigem Raum gibt es den Begriff der "function band".
Wer also covert und/oder für Publikum Fleisch zu seinem Gemüse macht, ist mit Modellern und möglichst unauffälligen Kleinamps gut bedient.

Wer aber inspiriert eigenen Kram machen will, muss schauen, wie er oder sie die Muse zum Küssen bekommt.
Und da ist, finde ich, jedes Mittel recht.


Ich persönlich habe mehrere Amps, damit ich die Wattzahl und die Funktion des Amps auf der Bühne dem Gig anpassen kann.
Im Proberaum und auf kleinen Bühnen benutze ich im Allgemeinen große, offene 1x12-Boxen mit Neodym-Speaker.
Das ist handlich, projiziert wenig und ich kann damit auch kleinere Räume aus der Backline einigermaßen beschallen, ohne mir oder der Band auf der Bühne den Kopf abzureißen mit Lautstärke. Die Gesangsanlage ist dann eine Gesangsanlage.
Die Neodyms machen in dem großen Gehäuse einen Transienten der von einer 4x12 nicht soooo weit weg ist, vorausgesetzt, die Endstufe kann die Kalotte hinreichend beschleunigen. 5 Watt tun das nicht.

Open Air auf großen Bühnen wäre es für mich der Marshall mit der 4x12 als side fill.
Die 4x12 projiziert dann quer über die Bühne, ohne in Mikrofone einzustrahlen oder eine Schneise ins Publikum zu brüllen und ich habe nicht nur einen anämischen Monitor um für Interaktion zwischen Gitarre und Speaker zu sorgen.



Ich glaube ja, dass an der vielbeschworenen "Krise der elektrischen Gitarre", von der man ja immer mal wieder liest, der Trend zur ungeilen Lautstärke erheblich beteiligt ist.
Nicht, dass ich eine Gitarrendiva wäre, die andere Leute im Probenraum taub spielt.
Aber damit der Ton auch mal stehen und atmen kann braucht es Lautstärke.
Und mit Gain kann man das nicht kompensieren.
Gain is not Volume, Carl!

Viele Grüße,
woody
 
ollie schrieb:
in ear - dagegen wehre ich mich aus besagten Gründen...
Dann kann man in der Tat auf komplett digital umsteigen....
muss jeder selbst wissen.
Eine Band die das von mir fordert ware nicht meine Band - da bin ich ehrlich!

Ich sag mal so: Led Zeppelin haben nicht in ear gespielt. Sie täten das auch heute nicht. Und täten sie es doch, wären sie nicht Led Zeppelin. :-D

Professionelle Künstler (nicht nur Musikdienstleister) sehe ich aber in kleinen Läden allweil mit 1x12 oder 2x 1x12 oder 2x12 und eher kleinen Aggregaten von Orange über Fender bis Egnater. Joey Landreth z. B. neulich (wobei der einen Two Rock über 2x12 spielte), Dan Baird & Co. und viele andere. Und auch bei großen Acts wie Eagles, Keith Urban, Allman Brothers oder Cold Chisel stehen kleinere Combos, meist dann aber diverse.
 
Wir hatten vor ein paar Jahren komplett auf IEM umgestellt. Hat unbestritten Vorteile, aber irgendwie ging es allen Bandmitglieder gleich: der Spaß blieb auf der Strecke. Da konnte selbst ein "Open" Mic nichts ändern. Nach ca. 1 Jahr haben wir geschlossen entschieden, doch wieder mit Monitoren und PA zu proben und zu spielen. Nur unser Lead-Sänger verwendet es noch häufig, vor allem bei schwieriger Akustik.

Mein persönliches Fazit: für Profis und professionelle Anwendungen sicherlich in manchen Situationen fast Pflicht. Aber mir als purem Amateur geht da einfach die gesamte Interaktion ab, mit dem Instrument, den Bandkollegen, dem Publikum. Ob mit (nur noch 1x12 ) Amps oder AX8 + FRFR entscheide ich nach Lust und Laune. Wobei zunehmend Amps nur noch meine Lösung fürs alleine Spielen und Üben sind, für alles andere nehm ich mittlerweile meistens den AX8.
 
Bin bei Bandscheiben schonenden Modellern mit FRFR Nahfeld-Monitor (inkl. Vocals) gelandet.
Ansonsten geht alles über PA.
Ich vermisse das Hosenbein föhnen nicht und könnte sogar mit der Strassenbahn zum Gig fahren (so eine in der Nähe wäre).
Ich halte mich nicht für einen Spitzengitarristen, war aber früher mit den Schrankwänden auch nicht besser - nur jünger ;-)
Es spielt sich wohl viel auch im Kopf ab.

Ich jedenfalls genieße nun die ruhigere und Tinitus schonende Bühnenathmosphäre ohne Verlust der Spielfreude.
 
Ich spiele seit langem fast nur kleine Amps u.a. Vox AC 4, AC10, Brunetti Singleman, Fender Deluxe Reverb und z.b. 1 Watt Blackheart "Killer Ant". Das macht Spaß und beim aufnehmen ist das auch vollkommen ok. Aber live war immer die 4x12er mit Topteil das geilste und hat am meisten Spaß gemacht... Und wenn ich höre wie der Blackmore heute klingt mit seinem Engl-Combo.. nee, bei Classic-Hardrock bitte immer volles Besteck für mich.
 
Ma ehrlich - Scheiss auf's Schleppen bei 'nem Gig auf gescheiter Bühne. Lass dir einfach helfen… :lol:
Es geht doch nix übber 100 W Topteil mit einer oder zwei 4x12er Box - wenn's zur Mukke passt.
In meiner Hauptband geht das gar nicht anders und das MUSS so.
(Wir haben just einen Gig abgelehnt weil wir für die Backline-Boxen hätten zahlen sollen :evil: - und die Band, die nach uns spielen sollte alles über IE und Digi-Ämps macht…)

In meinem Zweitprojekt genügt der 5e3, der bei Bedarf zusätzlich über die PA geht.

Also - best of both worlds sozusagen…
 
Freitag auf großer Bühne in der Donauarena: 4 Stunden gerockt.
JVM + 212 Bogner Box....und die neue Burny Paula dazu - Mördersound.

Das ganze jetzt mit ner Digitallösung - vergiss es.....;-)
 
Mördersound? Mensch Olli, da bin ich aber froh, dass Du das überlebt hast. Wundert mich aber nicht. Immerhin hattest D ja 2 echte Waffen dabei!
 
Woody schrieb:
der Trend zur ungeilen Lautstärke

Viele Grüße,
woody


Moin,

erlebt ihr den im Publikum eigentlich wirklich so?
Ich ehrlich gesagt nicht. Für mich ist es im Grunde genau so wie immer schon :shrug:
Auch auf der Bühne in kleineren Läden. Wir drehen genau so auf, wie früher.

So ein bisschen hab ich das Gefühl, das das eher so ein virales Ding ist, das von Altrockern in
die Netzwelt gesetzt wurde, die gar nicht mehr wirklich da hin gehen, wo es laut ist. ;-)

Gruß Diet
 

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