Guten Morgen zusammen,
Wie bereits gestern erwähnt, habe ich nun den ersten konkreten Schritt gewagt und die Gitarre in die Obhut von Werner Sahli übergeben.
Hier ein kurzer Abriss des 'Starts':
Gestern Montag, um 10 Uhr, habe ich, mit meiner Familie im Gepäck und der Gitarre unter dem Arm, an die Türe der Gitarrenwerkstatt geklopft und wir vier (fünf, mit Gitarre) wurden von Werner Sahli herzlich empfangen. Seine Werkstatt ist klein, aber fein - und ein Augenschmaus für jeden Saitenzupfer. So ist der Raum vollgestopft mit wunderschönen Gibson- und PRS-Gitarren, die entweder an alten Bünden, kaputten Pickups, einer lockeren Schraube oder kleineren Brüchen leiden. Die eine oder andere wartete zudem aufs Face-Lifting oder eine Auffrischung des Make-ups. Für alles ist Werni eingerichtet. Gerne und mit Stolz zeigte er uns seine Arbeiten und seine Werkstatt. Zwischen all den edlen Markengitarren hingen auch ganz spezielle Gitarren und Bässe - die Eigenbauten des Werkstattbesitzers. Er nahm sich auch kurz die Zeit, uns die optisch sehr PRS-nahen Instrumente mit ihrem ausgeklügelten Pickup-System vorzuführen (Möglichkeit zum Speichern von Pickup-Kombinationen mittels einfachem System - inklusive Sprachausgabe à la London Tube). Mangels Zeit baut er aktuell keine Gitarren (mehr). Leider.
Nun, als wir meine Patientin aus dem Sarg geholt haben, staunte er über die Silberlackierung mit Chrome Tone Finish nicht schlecht. Er zeigte sich sogar sehr beeindruckt. Trotz dem Lackschaden beim Bridge-PU und hinter der Bridge.
Er legte die Gitarre sorgsam auf die Werkbank und prüfte nochmals kurz den Truss Rod sowie den Riss am Hals. Nach ein paar wenigen Manipulationen ist er zum Schluss gekommen, dass man wahrscheinlich nicht um einen neuen Hals herumkommen würde. Er würde in einem ersten Schritt vorschlagen, bei Framus mal anzufragen, ob sie ihm einen neuen Hals schicken könnten, damit er diesen montiert. Falls sie jedoch meinten, dies würden sie nicht tun oder es exklusiv machen wollen (dann wären wir wieder so weit, wie vor ein paar Monaten), werde er sich weigern und mir einen neuen Hals, nach meinen Wünschen, zimmern. Während dem Gespräch hatte er jedoch noch die Idee, dass er in einer 'freien' Minute versucht das Griffbrett vom Hals zu lösen, den Truss Rod zu entfernen und den Riss im Hals von Innen zu reparieren, so dass es keine Probleme mehr gibt. Zudem werde er die 'Fuge' des Truss Rods schliessen und neu machen, um dann einen Zweiweg-Truss Rod (der aktuelle ist ein Einweg-Modell - im Uhrzeigersinn 'anziehen', gegen Uhrzeigersinn 'lösen') einzuarbeiten. Das wäre noch eine Lösung. Er würde diese Variante sicher prüfen. Falls es funktioniert, werde er mir ein neues Griffbrett machen.
Tja, und dann kamen wir wieder auf die Lackierung zu sprechen, die ihn so begeistert hat. Seit längerer Zeit befindet sich beim Bridge-PU und hinter der Bridge je ein Fleck im Lack. Eventuell durch Handschweiss entstanden. Ich habe die Gitarre zwar immer fleissig poliert, aber das heisst nicht, dass dies nicht doch der Grund ist. Da diese beiden Flecken irreparabel sind und mich wirklich stören, habe ich mich entschieden den 'exklusiven' Lack entfernen zu lassen und die Gitarre neu einzufärben. An einer Stelle hinter der Bridge haben wir dann Abbeizmittel aufgetragen, um zu sehen, wie hoch der Aufwand in etwa wäre, die Gitarre zu entblättern. Im wahrsten Sinne des Wortes. Das Mittel einmal aufgetragen, gab es kein Zurück mehr. Zuerst rührte sich nichts, dann fing das Mittel an zu arbeiten und blieb nach einer Schicht 'liegen'. Nun, kurz die Ziehklinge angesetzt: und was passiert? Der sogenannte 'spezielle' und 'exklusive' Lack konnte ohne Probleme einfach abgezogen bzw. herausgebrochen werden...und darunter erschien...ta ta ta taaaaaaaaa...ein schwarzer Lack! Ja, genau. Es sah praktisch so aus, als ob man eine schwarze Gitarre mit einem silbernen Mäntelchen überzogen hätte. Der schwarze Lack war an den Stellen, die wir öffneten, vollkommen unbeschädigt und strahlte uns richtiggehend an. Die Silber/Chrom-Lackierung und die 'Grundierung' hafteten überhaupt nicht aneinander. Man konnte mit einer skalpellartigen Klinge einfach zwischen die beiden Schichten fahren und das Silber lösen bzw. abbrechen. Der Gitarrenbauer meinte, dass er schon viel gesehen habe, so etwas allerdings noch nie. Ich habe Werni dann gesagt, dass er das Silbermäntelchen vollkommen entfernen und auf Basis des darunterliegenden schwarzen Lacks weiter arbeiten soll. Er meinte auch, dass dies die beste Lösung sei.
Zwischenzeitlich sind zwei kurzweilige, spannende und lehrreiche Stunden vergangen. Auch meine Frau war vom Ganzen sehr begeistert und ist nun auch gespannt, was aus der Gitarre wird. Mit Werni habe ich einige 'Was, wenn'-Optionen abgesprochen und wir bleiben in Kontakt. Er wird zuerst mal bei Framus schauen, ob er einen neuen Hals bekommen könnte - ansonsten wird er sich an der vorgeschlagenen Methode bezüglich Ablösen des Griffbretts plus Reparatur, neuen Truss Rod und neuem Griffbrett versuchen. Falls diese Stricke reissen, gibt es einen rundum neuen Hals inklusive einer neuen (schöneren? ;-)) Kopfplatte. Gefolgt wird das alles von einem neuen Anstrich. Mal sehen, ob und wie der darauf befindliche schwarze Lack brauchbar ist, aber das erste Hinsehen war sehr vielversprechend.
Ich habe sehr zufrieden und mit einem guten Gefühl die Gitarrenwerkstatt verlassen. Es wird nun sicherlich den einen oder anderen Austausch via Mail und Telefon geben...den einen oder anderen Besuch vor Ort. Aber ich fühle mich sehr gut aufgehoben und freue mich auf das, was auf mich und meine Gitarre zukommt.
Um euch die kleine Lackgeschichte zu veranschaulichen, werde ich heute oder morgen Abend drei, vier kleine Fotos, die ich mit dem aiFön gemacht habe, hier posten.
Wünsche euch eine schöne Woche.
Gruss, Marco