Kemper Kabinet - mein Review
Zur Vorgeschichte:
Der Hauptgrund, warum viele sich noch nicht so ganz mit dem Thema Modeling/Profiling anfreunden konnten, ist das Problem der Verstärkung. Fullrange- Monitore klingen halt ganz anders als Gitarrenlautsprecher und fühlen sich auch anders an (für Gitarristen steifer und weniger musikalisch/expressiv).? Dieses Thema wurde auch lange vernachlässigt. Den Gitarristen, die darauf beharrten, dass Gitarrenlautsprecher für sie besser klängen und einen musikalischeren Ausdrück förderten, wurde immer gesagt, sie müssten einfach einen Paradigmenwechsel vollziehen, sich einhören, an FRFR- Boxen gewöhnen, dann würde das schon. Und schließlich wären wir ja auch mit den klassischen Gitarrensounds auf eine Weise sozialisiert worden, dass wir diese zunächst ja auch über Fullrangesysteme wahrgenommen haben (nämlich als Schallplatten auf unseren HiFi- Anlagen). Auch ich habe lange an FRFR festgehalten, aber irgendetwas fehlte mir immer... so dass ich vor einiger Zeit mich komplett von FRFR- Lösungen verabschiedet habe und zu echten Gitarrenlautsprechern zurückgekehrt bin.Schließlich gehört für E- Gitarristen der Lautsprecher mit zum Instrument dazu, ist also kein reines Reproduktionselement, sondern ebenso ein Soundgenerierungselement wie die Gitarre, der Amp, und etwaige Effekte auch.
Deswegen sind Gitarristen da auch so eigen.
Ich kenne Christoph Kemper jetzt seit über 8 Jahren. Und der ist ja eigentlich Keyboarder.
Als wir damals über solche Problematik gesprochen haben, war da auf seiner Seite eigentlich kein Verständnis, nämlich in dem Sinne: " "Keyboarder haben doch auch kein Problem damit, über einen x-beliebigen Monitor zu spielen." (Weil für Keyboarder die Box eben ein reines Soundreproduktionselement ist, Leslie lassen wir mal außen vor).
Aber Kemper hat sich über die Jahre dem Thema mehr und mehr gewidmet, seinen Standpunkt deutlich verändert. Erst hat er dem Profiler vor einigen Jahre das "Purecab"- Feature spendiert, dass Kammfiltereffekte von Gitarrenboxen nachahmt, was schon ein Schritt in die richtige Richtung war.
Und jetzt kommt das Meisterstück, das Endresultat, das Kemper Kabinet, das für Gitarristen, die den Profiler spielen, die Lücke schließt zwischen "fühlt sich fast so an wie ein Gitarrenlautsprecher" und "ist ein Gitarrenlautsprecher".
Im Kabinet arbeitet ein 12" Breitband- Speaker mit einem Whizzer Cone. Der Speaker hat also kein Horn und keinen Tweeter, sondern einen einzelnen Treiber.
Er kann ein Fullrange- Speaker sein, oder es werden ihm durch die DSP des Profilers die EQ- Imprints verschiedenster Speaker übergestülpt (mit korrektivem EQ, nehme ich an). Dazu gehören alle üblichen Verdächtigen: V30, Greenback, Creamback, Blue, verschiedene Jensens, JBL, EV und auch einige Raritäten wie z.B. Oxford Speaker. (Mehr sind für später geplant.).
Es läuft also so ab, dass vom Profiler über die Hauptausgänge das normale Signal inkl. der Kemper Cabs zum FOH geht, über den Monitor Out schalte ich die Kemper Cabs aber ab (Monitor Cab off) und höre das Kabinet mit dem Speaker- Imprint meiner Wahl.
Das funktioniert hervorragend und klingt wie ein Gitarrenlautsprecher, und zwar so wie der, den er jetzt als Imprint darstellen soll (einige Speaker, die hier vorhanden sind, habe ich ja selbst).
Der Knaller ist ein Parameter, der sich "Directivity" nennt. Damit kann ich quasi meine Position zum Speaker im Raum virtuell verstellen, ohne das Kabinet selbst zu bewegen. Kurz gesagt: Hohe Directivity = viel Beam, wenig Directivity = wenig Beam (als wenn ich total Off axis stehen würde). Dieses Feature wird live extrem nützlich sein, wenn das Kabinet auf der Bühne abgestellt wird und ich mir den Sweet Spot im Verhältnis zu dem Punkt, wo ich auf der ybühne zu stehen habe, per Directivity einregle. Ich kann den Parameter sogar z.B. während des Soundchecks auf ein Pedal legen und durchmorphen, um zu schauen, was für mich passt, ohne dabei mit dem Spielen aufhören zu müssen.
Ziemlich genial ist auch, dass ich in den Aux- In des Profilers ein Fullrange- Signal (zugespielte Musik zum Beispiel) einspeisen kann, dass von der Box Fullrange gespielt wird, während ich mit der Gitarre einen Speaker- Imprint mit beispielsweise einem Greenback benutze.
Im Fullrange Modus klingt die Box sehr gut, wie ein sehr guter Monitor, und eine Acoustic kommt sehr gut darüber.
Aber mit der E- Gitarre werde ich nur noch Imprints benutzen, ganz klar!
Was gibts noch zu sagen? Der Form-Faktor ist super.
Sehr elegant, sehr wertig gebaut.
Dabei überraschend klein, kleiner als die 1x12 Palmer- Box zum Beispiel.
Und mit knapp über 11 kg überraschend leicht.
User anderer Systeme wie Helix, Axe-Fx usw. können das Kabinet leider nur als Fullrange- Box nutzen, da die Imprints aus der DSP des Profilers kommen. Damit baut Kemper sein Ökosystem weiter aus, was aus unternehmerischer Sicht sicher ein kluger Schritt ist.
Man kann den Speaker übrigens auch ohne das Kabinett einzeln, als 2er oder auch als 4er- Pack kaufen (gar nicht mal so teuer). und z.B. seine Lieblings- 4x12" damit auszustatten.
Um mein Fazit mal ganz unverkürzt zusammenzufassen:
Ich bin begeistert.Das ist wirklich etwas so noch nie Dagewesenes!
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