Frank: Wunderschöne Geschichte !! Hat nicht Dylan auch ne Variante von diesem Song gespielt ? (wäre ja nicht verwunderlich...
physioblues: Wie wahr ! Ich kann jeden Deiner Sätze unterschreiben!
(allerdings ist es verständlich, wenn in einem Gitarren-Forum naturgemäss die Tendenz besteht, zu fokussieren und eben dieses Einzelteil 'Gitarre' zu beleuchten). Mit Deiner Formulierung "sie sind einfach Originale, bestehend aus Gitarre, Songwriting, Stimme, Performance, Emotionen, musikalischen Visionen und der Gabe, etwas Ganzes zu erschaffen" bringst Du sehr schön das komplette Wunder "Musik" auf den Punkt! Bleibt höchstens hinzuzufügen, dass ...
a) die Stars, die Du herbeizitierst, trotz Ihrer Ganzheit eben doch einen bestimmten Joker haben, der ihnen zur Karriere verhalf: Die Gitarre! Weder Knopfler, noch Gilmour, noch Clapton, noch Green oder Hendrix hätten ohne diesen Joker Musikgeschichte geschrieben.
b) Das ganze Unternehmen "Musik" besteht aus unzähligen Einzelteilen. Im Grunde müssten da noch viel mehr Teile erwähnt werden (bis hinab zum Chauffeur des Tourbus oder der Köchin oder der Putzfrau, die den Herren die rumstehenden Edel-Gitarren vom Staub befreit...). Im Ernst, keiner dieser Stars ist am Ende Alleinunterhalter, sondern stützt sich auf Einzelteile, die er nur teilweise selbst verkörpern kann. Jedenfalls kommt's des öftern mal vor, dass in diesem Unternehmen zur Stütze auch ein reiner Gitarrist mitarbeitet. Und dieser würde sich natürlich sehr darüber freuen, wenn man ihm das Prädikat "Musiker" ebenfalls zugesteht ...
c) Ich selbst hab' mir den Challenge "Singer/Songwriter/Gitarrist" ebenfalls aufgebrummt. Doch das ist eine individuelle Entscheidung, jeder muss seine Bestimmung selber definieren. Ich hätte sehr wohl auch als reiner Gitarrist ein Leben lang mehr als genug Arbeit, um die Grenzen auszuloten. Ich will damit sagen: Wenn jemand für sich entscheidet, 'nur' Gitarrist zu sein, kann er sehr wohl ebenso Ganz sein (bzw. werden), denn jedes Instrument ist für sich alleine wieder ein Kosmos mit tausend Einzelteilen. Und ausserdem gibt's ja auch Instrumental-Musik, die wir doch wohl genau so respektieren und bewundern !
Bis jetzt habe ich nur laut nachgedacht..., nach wie vor finde ich Dein Statement sehr zutreffend, physioblues ! Nur mit einem klitze-kleinen Einzelteil Deines Beitrages stehe ich auf Kriegsfuss:
"du wirst nie die Intensität und die Intention eines solchen Musikers erreichen können...; ... das schaffen die ganzen Clo(w)nes nicht." Ich weiss, was Du meinst, doch es tönt trotzdem SEHR gefährlich. Eigentlich eben typisch für unsere Breitengrade, und hier könnten wir ausnahmsweise mal was lernen von den Amis und den Engländern: Hört bitte auf mit dem Anbeten von Originalen und traut Euch zu, selber ein Original zu sein bzw. zu werden!! Natürlich kann jeder von uns, auf seine Art und Weise, diese Intensität erreichen !! Wenn er das will (und nicht gerade völlig untalentiert ist) ! Es braucht drei Dinge dazu:
1. Du lernst das Handwerk, von den Musikern, die dich inspirieren (das haben alle diese berühmten Originale getan, und tun's zum Teil heute noch - was spielt den z.B. Clapton, was nicht schon irgend ein alter Blueser vor ihm gespielt hätte...???)
2. Du hast den inneren Wunsch und den Mut, mit Tönen und/oder Worten eine eigene Geschichte zu erzählen. Stoff für solche Geschichten hat JEDE(R) von uns, solange er/sie als lebendiges Wesen existiert.
3. Diesen Teil können wir kaum beeinflussen: Dein Original wird Karriere machen, wenn das irgend welche einflussreichen und Fäden-spinnenden Leute aus dem Musikbusiness beabsichtigen. Oder wenn das Publikum Dein Original (sofern es denn über dessen Existenz informiert wird ...) als besonders anziehend empfindet. Wenn nicht, wirst Du einfach 'nur' ein Original bleiben und Deinen Weg gehen. Glaubt mir, es gibt zig-tausende von höchst intensiven Originalen voller Ganzheit, von denen wir alle noch nie was gehört haben.
Wenn ich Euch eines garantiere kann, dann ist es dies: Keiner dieser Stars würde wirklich strahlen und hätte Geschichte geschrieben, wenn er nicht tief in sich diese eigentlich arrogante Ueberzeugung von Punkt 2) hätte: UND JETZT KOMME ICH! JETZT KOMMT MEINE GESCHICHTE! UND ICH HABE IN KEINER WEISE LUST, MICH KLEINER ZU FUEHLEN ALS IRGEND EIN MUSIKER VOR MIR ODER NEBEN MIR!
Zur Kunst (oder zur menschlichen Existenz) gehört dieser Widerspruch: Grössenwahn auf der einen Seite (ohne sie gibt's keine Identität) - Verletzlichkeit und der Schmerz des "eigentlich wissen wir alle nichts und sind vergänglich" auf der andern Seite.
Fazit: Diskutieren über Gitarren-Helden (pardon: Musik-Helden) macht Spass, auch mir! Doch vergesst dabei nicht, auch an Eurer eigenen Arroganz zu arbeiten !! Der Leitspruch "habt vor niemandem mehr Respekt als vor Euch selbst" ist nicht einfach ein leeres Geschwätz. Es ist ein höchst anstrengender Weg; je besser wir ihn meistern, je stärker werden wir strahlen.
Und je mehr uns die Medien eintrichtern, welche Originale besonders zu schätzen sind - umso steiniger wird dieser Weg. Und ... wenn dann der physioblues gleich noch eins drauf hat mit seinem "ihr werdet nie...!", dann wird das Gelände schon beinahe unbegehbar ...
... deshalb meine Intervention: Glaubt an Euch! Entweder sind wir alle Götter, oder dann gibt's keine !
(und Ihr habt völlig recht, wenn Ihr jetzt denkt "der Koechli schreibt allmählich zu viel und zu umfangreich, wie wärs, wenn er seine Zeit mal wieder zum Ueben nutzen würde ...!?")
'bin nicht immer so geschwätzig, keine Angst!
Euer Richard Koechli