frank":3qohgxmk schrieb:
Ich beklage die mangelnde Solidarität zwischen Schülern, Studenten, Arbeitslosen und Rentnern, dazu noch alle die, die in Lohn und Brot stehen.
Hallo Frank,
ich fürchte, die von Dir ersehnte Solidarität ist wirklich illusorisch. Denn in unserem System (Generationenvertrag etc.) ist jeder Leistungsempfänger IMHO so etwas wie der natürliche Feind des in Lohn und Brot stehenden. Denn jeden Cent, den ein Rentner oder ein Arbeitsloser erhält, muss in unserem System erst einmal von jemandem verdient werden. Das, was mir als Arbeitslosenversicherung oder Rentenbeitrag jeden Monat von meinem Gehalt abgezogen wird, wandert in die Tasche eines Leistungsempfängers. Im Prinzip ist das auch ok. Denn das ist Solidarität. Aber jeder der finanzielle Forderungen an den Staat stellt, sollte zunächst einmal darüber nachdenken, woher der Staat das Geld bekommt.
Viele Missstände kann man in meinen Augen nur durch eine Änderung der angewandten Systeme beseitigen. Da gibt es viele Ansatzpunkte - auch bei der Frage, was ein Mensch minimal für seine Versorgung braucht.
Auch würde ich Studenten und Schüler nicht in einen Topf mit Rentnern werden. Denn erstere hatten noch keine Chance, sich eine eigene Versorgung aufzubauen. Aber sie werden es sein, die dereinst für die Renten der jetzigen Arbeitnehmer schuften müssen. Hier ist es durchaus wünschenswert, dass der Staat investiert.
Dies bringt mich denn auch auf das Ausgangsthema "Studiengebühren". Ich persönlich bin prinzipiell für Studiengebühren, wenn der Bildungsapparat anders nicht mehr zu bezahlen ist. Andererseits scheinen die einzelnen Unis den gesetzten gesetzlichen Rahmen bis zum äußersten auszuschöpfen. Dies ist höchstens dann tolerierbar, wenn die Unis den Studenten auch ein entsprechendes Angebot entgegen stellen. Zu meiner Studentenzeit bekamen wir an der Uni Dortmund in der Fachschaft Informatik jedes Jahr zwischen drei- und fünfhundert Erstsemester. Die ganze Fachschaft war aber nur für ca. achthundert ausgelegt. Jeder Student musste im Hauptstudium je ein Seminar und ein Praktikum absolvieren. Für ersteres gab es etwa siebzig Plätze. Eine Studiengebühr von fünfhundert Euro pro Semester hätte ich zu dieser Zeit als übelste Abzocke empfunden.
Andererseits sind für mich diese Argumente gegen Studiengebühren von wegen "Bildung nur für Reiche" nicht Neues. Ich gehörte damals zu dem ersten Jahrgang, in dem es Bafög nur noch als Volldarlehn gab, und durfte folgerichtig nach meinem Studium einen fünfstelligen Betrag zurückzahlen. Auch wenn sich dieses Verfahren so nicht bewährt hat und (nach meinem Studium) wieder auf Teildarlehn umgestellt wurde, fand ich es auch damals schon in Ordnung, dass ich durch mein Studium anderen nicht auf Dauer auf der Tasche lag. Das kann vielleicht nicht jeder nachvollziehen, aber damals habe ich tatsächlich so gedacht.
Als es dann während meines Hauptstudiums kein Bafög mehr gab, habe ich halbtags gearbeit. Mein Studium habe ich zwar nicht in der Regelstudienzeit geschafft, aber trotz der oben beschriebenen Umstände noch schneller als der Durchschnitt (etwas über 12 Semester statt 13/14 bei einer Regelstudienzeit von 8 Semestern plus Diplomarbeit).
Auch gibt es in meinem Bekanntenkreis genügend Studenten, bei denen das Arbeiten zur Finanzierung des Studiums so gut lief, dass sie das Studium schlicht sehr nachlässig weiterverfolgten, obwohl sie dafür Zeit gehabt hätten. Und dann war plötzlich diese Kuh gemolken und diese Bekannten sahen sich genötigt, sich doch noch einmal um einen Studienabschluss kümmern zu müssen. Aber plötzlich gab es die Prüfungsfächer, die sie eigentlich machen wollten gar nicht mehr. Prüfungsordnungen hatten sich geändert und meine Bekannten mussten Teile ihres Hauptstudiums komplett neu absolvieren, was das Studium wieder verlängerte. Aber dies haben sie sich meines Erachtens selbst zuzuschreiben.
Deshalb sage ich noch einmal: Studiengebühren ja - aber mit Augenmaß. Dies scheint mir mit 500 Euro pro Semester klar übertreten worden zu sein. Auch bin ich der Meinung, dass es für Studenten ohne ausreichende familiäre Unterstützung Förderungen geben muss, damit sie eine Möglichkeit haben, sich um ihr Studium zu kümmern.
Das wäre nun meine Meinung zum Thema Studiengebühren.
MfG
JerryCan