Jazzgitarren: Massivholz vs Laminiert?

P

pinot

Bekanntes Mitglied
9 Feb 2010
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bei Wien
Die meisten Jazzgitarren, die ich in den Online-Shops finde sind aus laminiertem Holz.
Frage: macht es dabei überhaupt klanglich einen Unterschied, welches Laminat das ist? Ahorn oder Mahagoni oder Fichte, wenn es auf einem Sperrholz oder ähnlichem aufgeklebt ist.

Ich finde nur von The Loar Massivholzgitarren, die interessanterweise sehr preisgünstig sind. Allerdings berichten einige von Ausführungsmängel, die erst der Fachmann behebn mußte. Außerdem ist der Hals ein V-Profil was für kleinere Hände ungünstig sein soll.
 
Hi Pinot,

also der Unterschied Massivholz vs. Laminat ist schon deutlich zu hören. Auch wenn es nur Boden und Zargen sind, die nicht massiv sind. Ob es klangliche Unterschiede bzgl. der einzelnen Laminat-Varianten gibt, kann ich zwar nicht ausschließen, halte es dennoch für äußerst unwahrscheinlich. (hustende Flöhe...?)

Was die Jazzgitarren von The Loar angeht rate ich auf jedenfall zu den Massivholz-Varianten. Ich habe mir eine LH-300 angeschafft und denke, dass ich rückblickend doch lieber etwas mehr ausgegeben und dafür mehr Ton bekommen hätte. Ursprünglich wollte ich nur mal einen kurzen Blick ins akustische Jazzgitarrenlager werfen, daher der Spardrang. Letztlich klingen die massiven Loars (z.B. die LH-600) aber doch deutlich schöner. Ob das bei Pickup-Varianten auch so dominant ist, wie bei den rein akustischen, kann ich nicht sagen. Aber einen Unterschied macht es auf jeden Fall.
Und was die Verarbeitung angeht: Ich habe meine online bestellt und aufgrund der Zweifel noch vor Versand eine Inspektion, Neubesaitung usw. dazugekauft. War nicht teuer und was dann ankam, war eine gut eingestellte und verarbeitete Gitarre. (die leider nicht massiv ist...grr.)

Vielleicht hilft's. Beste Grüße

Morris
 
Hi Morris,

bei Thomann wird die The Loar LH-300 VSB beschrieben: massive handgearbeitete gewölbte Fichtendecke!?

Wie kommst du mit dem V-Profil zurecht? Oder hast du große Hände?

lg Pinot
 
Hallo,

Binsenweisheit 1: Wie eine Gitarre klingt, weisst du erst, wenn du sie gespielt hast.

Binsenweisheit 2: Warum eine Gitarre gut klingt, ist reine Spekulation - und völlig egal.

Darüber hinaus ist es gerade bei Archtops ganz wichtig, was du eigentlich willst. Soll die Gitarre verstärkt gut klingen oder akustisch? Natürlich wirst du jetzt "beides" rufen - das ist aber nicht hilfreich.

Mir fiel auf, dass die akustisch gut klingenden Instrumente verstärkt häufig maximal mäßig gut klangen. Elektrisch tolle Instrumente waren akustisch häufig eher mau. Es gab ein paar Ausnahmen aber wirklich nicht viele.

Kurz: Spiel die Dinger und frag dich, ob der Sound gefällt und lass die Entscheidung, ob Massivholz oder nicht, die des Herstellers sein.

Gruß

erniecaster
 
morris schrieb:
Auch wenn es nur Boden und Zargen sind, die nicht massiv sind.

Meines Wissens und meiner Erfahrung nach spielen die Zargen oder deren Material für den Klang eine sehr untergeordnete Rolle.

Wobei natürlich die ernie Recht hat, dass man letztendlich die Güte eines Klangs nur an die Güte des Klangs erkennt und keinem anderen sonstigen Merkmal. Das ist banal aber in Zeiten des blinden Internetkaufes durchaus wiederholenswert.
 
Laminierte Gitarren müssen nicht schlecht sein, auch nicht schlecht klingen. ZB die Gretsch White Falcon, um die 7000.- ist auch "nur" laminiert. Ist vllt auch nicht die Jazz-Mama, sollte aber doch großartig klingen. Sicher werden hier ausgesuchte Laminate verarbeitet, deshalb auch der Preis. Massiv gebaute Gitarren, die erschwinglich sind, müssen aber auch nicht gut klingen, nur weil sie aus massiven Hölzern gezimmert sind. Wurde aber auch schon so in die Richtung beantwortet.
Meine Sicht: Ich hatte auch geglaubt, ich bräuchte ein Jazzgitarre, kam aber zu dem Schluss, jede Gitarre klingt nach Jazz, wenn man sie entsprechend spielt. Vllt solltest Du eine gute (massive) Steelstring in Betracht ziehen, die einen Ton nach Deinen Wünschen hat, aus meiner Sicht hat man mehr davon, guter Akustik-Sound ist ne Menge Wert, Jazzzeug klingt nämlich auch auf Steelstring recht stark.
Cheers
 
Was meinst du mit steelstring? Ausser Gitarren mit Nylonsaiten reden wir hier von Stahlsaiten, egal ob auf einer solidbody bis zur Massivholz? Lg pinot
 
Hi Pinot,

die Binsenweisheiten treffen natürlich immer zu, allerdings hat man nicht immer Gelegenheit sich durch verschiedene Varianten zu testen, insofern verstehe ich den Wunsch sich vorher ein wenig schlau zu machen gut. Besonders, wenn es sich nicht um Gitarren handelt, die man an jeder Ecke findet.

Was die Klang-Eigenschaften von akustischen Jazzgitarren angeht, bin ich der Ansicht, dass sich Massivholz da besser macht. Natürlich gibt es gut konstruierte und gebaute Jazzgitarren, die nicht massiv sind und trotzdem schöne Ergebnisse liefern. Die Loar sind jedoch nicht umsonst so günstig und gehören nicht wirklich in diese Kategorie. Bei denen ist der Unterschied zwischen beiden Varianten deutlich und fällt zugunsten der massiven Version aus.

Jazziges kann man natürlich auf jeder Gitarre spielen, auch auf einer Westerngitarre, warum auch nicht. Man kann auch Metal auf einer Singlecoil-Strat spielen - klingt nur anders als etwa auf einer Humbucker-Les Paul. Den Klang einer klassischen Akustik-Archtop erreicht man aber auch nur mit einer solchen. Wie bereits erwähnt kann ich zu elektrischen Varianten weniger sagen, da ich keine besitze.

Noch kurz zum Hals der Loar: Das V empfinde ich als wesentlich angenehmer als ich gedacht habe. Der Hals ist auch nicht sonderlich breit. Ich habe zwar keine kleinen Hände, kann mir aber gut vorstellen, dass sich das V nicht groß negativ auswirkt. Da hilft natürlich im Zweifel wieder nur das Probieren. Das einzige, was mir am Spielgefühl nicht gefällt ist die dicke etwas quietschige Lackierung.

Letztlich kommt es auf Deine Motivation an. Möchtest Du vorwiegend elektrisch spielen oder akustisch? Willst Du nur mal einen kurzen Vorstoß ins Jazzlager machen oder soll es "die eine" sein? Wenn es vorwiegend ums verstärkte Spielen geht, würde ich mich nicht um massiv oder laminiert kümmern. Wenn nicht - eben doch.

Grüße
Morris
 
Hallo allerseits,

hier mein angelesenes Wissen (also nicht selbst so erfahren): Massive Hölzer bei Jazzgitarren sorgen in der Regel fuer einen besseren akustischen Klang. Bei elektrischer Verstärkung mag aber eine Gitarre mit laminierter Decke aus dem simplen Grund ueberlegen sein, dass das Instrument aufgrund der weniger intensiven Schwingungne resistenter gegen Rueckkoppelungen ist.
Wenn Du also verstärkt und dabei recht laut spielst (z.B. in einer Band mit einer grossen Gruppe von Bläsern) mag die laminierte Gitarre die bessere Wahl sein, auch wenn sie akustisch nicht ganz so schön klingt.
Gitarren mit massiven Decken sagt man auch ein Entwicklungspotential nach, die bei der laminierten nicht vorhanden ist. Die wird ueber die Jahre akustisch nicht besser. Ist aber auch Klimaresistenter.

Ansonsten stimme ich mit Erniecaster ueberein - probieren geht ueber studieren...

Gruss

Alex
 
Um zur Ausgangsfrage zurueckzukehren:
Natuerlich macht es selbst bei Laminat einen Unterschied, was fuer Holz verwendet wurde, da verschiedene Holzarten eine andere Steifgkeit haben. Aber auch das ist beim akustischen spielen mehr relevant als beim elektrischen, und ein guter Gitarrenbauer kann da wohl einiges kompensieren

Gruss

Alex
 
morris schrieb:
Was die Klang-Eigenschaften von akustischen Jazzgitarren angeht, bin ich der Ansicht, dass sich Massivholz da besser macht. Natürlich gibt es gut konstruierte und gebaute Jazzgitarren, die nicht massiv sind und trotzdem schöne Ergebnisse liefern.

Da finde ich muss man differenzieren.
Massive Archtops und Pressspangitarren sind sehr unterschiedliche Geschichten.
Massive Gitarren verbinde ich (!) eher (!) mit dynamischeren, spritzigeren Sounds,
während gesperrte Gitarren für meine Ohren (!) fetter und blubberiger daherkommen, und etwas mehr komprimieren und (auf gute Weise) gleichmachen.
Eine White Falcon ist, soweit ich weiß, aus einem Sperrholzblock gestochen, also ein ganz anderes Tier als z.B. eine 175, bei der die Decke in Form gepresst und dabei verklebt wird.

Die unterschiedlichen Holzsorten wird man bei Sperrholz kaum in eine aussagekräftige Korrelation zum Sound bringen können, denke ich, dafür sind die Unterschiede bei Gitarren gleicher Bauart und Hölzer schon wild genug.
Spiel mal drei ES-175 oder Es -335 an und Du wirst sehr unterschiedliche Gitarren in der Hand haben.
(Wobei Yamaha und Ibanez es imho ganz gut schaffen, eine sehr verlässliche Qualität zu liefern, in allen Preisklassen.)

Das Ende vom Lied ist: Spiel die Gitarren an, gerade Halsprofile muss man selber in der Hand haben, um zu wissen, ob das für einen selber passt.
Und wenn Du nicht die Gelegenhait hast, viel Kram anzuspielen, dann kauf erstmal irgendwas, was Du später ohne großen Verlust wieder los wirst.
Dann kannst Du eine eigene Meinung und einen eigenen Geschmack entwickeln, bevor Du ernsthaft Geld in die Hand nimmst.


Viele Grüße,
woody
 
Hallo!

Manche Vorstellungen lassen sich halt nicht verwirklichen. Zum Beispiel, für zweitausend Euro einen neuen Ferrari haben zu wollen, der nur fünf Liter Sprit auf hundert Kilometer verbraucht und bei dem man einen Kühlschrank in den Kofferraum bekommt.

Oder die Vorstellung, eine supertolle Gitarre kaufen zu wollen, ohne welche zu probieren.

Dat tut et eben nich.

Gruß

erniecaster
 
Woody schrieb:
Eine White Falcon ist, soweit ich weiß, aus einem Sperrholzblock gestochen, also ein ganz anderes Tier als z.B. eine 175, bei der die Decke in Form gepresst und dabei verklebt wird.

Moin Gereon,


Eine White Falcon hat entweder eine laminierte Fichtendecke (originale Modelle der Serie 1 und 2) oder eine laminierte Ahorndecke (ich glaube es war 9fach laminiert, bei Gibson ist es weniger soweit ich weiß).
Laminiertes Holz ist ja, soweit ich das verstanden habe quasi Sperrholz, wenn es kreuzverleimt (sagt man das so? Also, Faserverlauf immer 90 Grad zueinander) ist, und damit hat eine White Falcon dieselbe Basis wie z.B. eine ES-75, außer, dass die Decke steifer ist und somit auch für laute Rocksounds besser zu gebrauchen ist, als eine ES 175 z.B. .
Da es in den 50ern, als die White Falcon und im Prinzip alle Gitarren, die heute angesagt gebaut wurden noch keine Rock'n Roller als liquide Zielgruppe gab, sondern eben die progressiven Spieler, die Jazzer, kann man denke ich durchaus behaupten, dass eine White Falcon genauso als Jazzgitarre konzipiert war, wie auch eine Les Paul oder Stratocaster seinerzeit.

Alles Gute!
 
Ich war ja mal wieder zu schnell, es ging ja um die Art, wie die Decke geölbt wird...das passiert genauso, wie bei den laminierten Gibsondecken, wird in Form gepresst mit Hitze, bei 6136ern immer.
 
Ist ja schon ein älterer Chat, aber ich möchte mal sagen, dass es Faustregeln gibt, die natürlich variabel sind.
Für alle Archtops gilt, dass die Verarbeitung das Wichtigste ist.
1.Für rein akustisches Spiel sind meist massive Hölzer eine Voraussetzung.
2.Massive Hölzer, die gepresst wurden, haben Vorteile, da die Jahresringe noch intakt sind. Anders als handgestochene Decken z.b.
3.Laminierte Gitarren sind elektrisch gepielt weniger feedbackanfällig und stabiler.
Diese Einschätzung habe ich im laufe meiner 40järigen Erfahrung als Profi erlangt.
Ich habe laminierte Gibson Es 175 gespielt, die sogar akustisch gesehen einer massiven Gibson L7 überlegen waren. Alles ist relativ. Die Gitarre muss einem gefallen und zu einem passen. Und, auch auf einer Telecaster mit 9er Saiten kann man Jazz spielen. Es kommt auf die Fahigkeiten an. Immer!
 
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