Hallo,
mich erstaunt immer, wie verbissen diese Diskussion, die ja immer mal wieder auftaucht, geführt wird. Vielleicht weil die Fragestellung oft auf "besser oder schlechter" hinausläuft und es schwer zu sagen ist, was besser oder schlechter ist. Vieles ist einfach nur anders.
Wir Gitarristen sollten doch vielmehr froh sein, dass wir heutzutage soviel Auswahl haben und sich jeder das kaufen kann, was er mag.
So kann man ja auch vorgewaschene (stonewashed) Jeans kaufen, und solche, die es nicht sind. Ist die vorgewaschene besser? Zumindest fühlt sie sich anders an. Der eine mags, der andere nicht.
Ich persönlich habe mehrere Gitarren, einige davon ganz "normal" in nahezu Neuzustand, andere durch Spielen gealtert und zwei "aged"
Fender Relics.
Die Leute, die sagen, "geaged" klinge besser, führen das in der Regel auf Lackrisse zurück, die dem Holz ermöglichen sollen "freier" zu schwingen. Ob das stimmt, kann und will ich nicht beurteilen denn ich habe noch nie dieselbe Gitarre neulackiert und danach "geaged" ausprobieren können.
Sicher schwingt der Korpus einer Gitarre, wenn ich sie spiele. Aber wenn ich bedenke, dass ich sie am Körper hängen habe, die Rückseite an meinem Bauch, den rechten Arm drauf.... da frage ich mich, ob das nicht mehr dämpft, als ein "ungerissener" Lack.
Andererseits ist es so, dass ich meine Relics (eine Strat und eine Tele (bzw. Nocaster) sehr viel häufiger spiele, als die "normalen" Strats und Teles. Dabei ist die Nocaster/Tele eine sog. "closet classic", also nur ganz wenig "geaged". Mittlerweile ist sie durchs viele Spielen weiter gealtert (Spielspuren am Griffbrett, Katscher am Korpus). Diese Spielspuren sind recht schnell entstanden, weshalb ich vermute, dass der Lack ein anderer oder dünnerer (oder beides) ist, als bei anderen "normalen" (Vintage Reissues).
Aber egal. Fakt ist, dass mir persönlich diese "Relic" Gitarren die liebsten sind und dass ich glaube (oder mir einbilde) dass sie besser klingen als die nicht-geageten Schwestern. Dabei ist mir letztlich egal, warum das so ist.
Ich mag sie, ich erfreue mich an ihnen ... das genügt mir. Mir ist auch egal, ob andere Gitarristen das ebenso sehen. Ich bin weder besonders stolz darauf, Relics zu spielen, noch schäme ich mich dafür.
Und ob es den Mehrpreis wert ist? Das ist m.E. schwer zu sagen, da das jeder Interessent für sich persönlich beurteilen muß. Offenbar kann Fender die aufgerufenen Preise erzielen und es gibt viele Leute, die bereit sind, den Mehrpreis zu zahlen. Mag sein aus Gründen des Presiges, oder weil sie die Gitarren für besser halten...
Wichtiger ist es meiner Meinung nach, das Equipment zu finden, mit dem man sich wohl fühlt und mit dem man seine Klangvorstellungen verwirklichen kann.
Es werden ja hier im Forum die Sessions abgehalten. Da ist es Euch doch sicher schon so ergangen, dass einfach mal das Equipment getauscht wird. Ich habe (bei anderen Sessions) die Erfahrung gemacht, dass mitunter Equipment, mit dem ein Gitarrist einen klasse Sound erzielt, für mich persönlich gar nicht funktioniert - und umgekehrt. ... ok, ich schweife vom Thema ab.
Im Ergebnis finde ich, dass man generell von "besser oder schlechter" selten reden kann. Und statt andere zu Relic-Liebhabern oder Relic-Hassern bekehren zu wollen sollten wir froh sein, soviel Auswahl zu haben (aber damit auch die Qual der Wahl und die Versuchung immer wieder was Neues zu suchen auf der wohl endlosen Suche nach DEM Sound)
Beste Grüße,
Klaus