Moin!
Hm..
Kraft meiner physikalischen Ausbildung würde ich vermuten, dass es im Schwingungssystem einer Solid Body Gitarre zu Auslöschungen oder Resonanzverstärkungen kommen kann, die sich zum größten Teil auf das Obertonverhalten der Saiten auswirken. Manche Formanten werden stärker ausgeprägt, andere weniger -und schwupp- hat man einen Unterschied. Ob der nun maßgeblich ist, oder ob allein schon der Anschlagswinkel diesen Effekt bei weitem überlagert, da würde ich kraft meiner Skills sagen: Der Ton kommt aus den Fingern. Nich' wahr?
Sofern das Instrument meine Spieloptionen überhaupt unterstützt und nicht etwa genau diese zunichte macht.
Ich mag Instrumente, die mit mir mitgehen und aus denen ich etwas herauskitzeln kann. Dafür müssen die Klangoptionen überhaupt erst einmal existent sein. Und das bedeutet, dass das Teil handwerklich gut zusammengesetzt sein muss. Ich denke, W° gibt mir unumwundene Zustimmung, dass -theoretisch- zwei identische Bausätze aus identischen Hölzern, mit identischer Hardware nach dem Zusammenbauen deutliche Spuren der Handwerker, die sie zusammenfügten, tragen werden. Vermutlich wird das Teil, das sorgfältiger und zielgerichteter zusammengebaut wurde bessere Schwingungseigenschaften haben. Bessere Ansprache, keine versteckten Mitschwinger wie schlampig eingesetzte Schalter usw.
Wenn ich meinen Gitarrenfuhrpark zu durchsehe, dann würde ich sagen, dass man deutliche Tendenzen feststellen kann. Strat klingt nach Strat, Paula nach Paula, Ibanez RG nach RG, Suhr nach Suhr, Jazzmama nach Jazzmama usw.
Und meine momentan in Bau befindliche Tele wird vermutlich so klingen, wie ich es von einer Tele erwarte und wie alle Tele tendenziell klangen, die ich getestet habe. Wie sie aber tatsächlich klingen wird, das werde ich erst wissen, wenn ich sie in der Hand habe. Und auch erst dann, wenn ich das Teil ein paar Stunden in die Mangel nahm und meine Spieloptionen auf ihr ausprobiert habe. Vielleicht werde ich Neues entdecken, das ich von mir selbst nicht kannte, weil es meine anderen Gitarren nicht unterstützten. Wer weiß.
Ich glaube nicht, dass irgendwelche Parameter oder eine fixierte Schar von Parametern durch ihre Kombination im deterministischem Sinn exakt einen Sound zur Folge haben werden. Ich glaube, dass sich derartige Problemstellungen im Vergleich zu hochwissenschaftlichen Disziplinen wie der Teilchenphysik als überraschend komplex aber auch überraschend einfach verhalten: Man kann es nicht genau vorhersagen, weil die Parameter, die zu einem Klangbild führen, nicht nur nicht bekannt sind, auch die Gewichtung der bekannten Parameter ist nicht nur unbekannt, sondern kann in ihrer Auswirkung nicht einmal vorausgesehen werden. Gerade wenn man Strat-Fan ist, weiß man, wie sehr einen diese Gitarre immer wieder überraschen kann.
So. Das ist ja nur meine Perspektive als Gitarrist. Nun wird in dieser Diskussion nun auch munter die Spieler- und die Zuhörerperspektive vermischt. Wenn man das erstmal klar voneinander trennt, weiß man zumindest schon einmal, wovon der andere eigentlich gerade redet.
Aber zu einem einfachen Regelwerk im Sinne von "Nimm Holz A und es klingt nach A" wird es trotzdem nicht führen. Dafür ist das Instrument trotz seiner relativen Einfachheit in sich schon zu komplex. Ganz zu schweigen von den Auswirkungen seiner Umgebung: Angefangen von der Signalkette beginnend im Kopf des Spielers (sofern vorhanden), seinem Spielvermögen und seiner momentanen Konstitution bis zum Speaker und dem Raum, den Zuhörern, ihrer Hörerwartung (die bei teureren Instrumenten oder Markenware irgendwie immer stärker eingeschränkt wird, weshalb man für maximale Aufmerksamkeit eigentlich mit Zeug aus dem mittleren Preissegment auf die Bühne gehen sollte... allzu billig macht die Ohren auch wieder zu)
Grüße Thomas